Solidarität – Freiheitsrechte – Klare Kante gegen Rechts

Samstag, 16. Mai 2020 in Lüneburg

Proteste gegen rechte Querfront, Verschwörungsideologien und Antisemitismus.

Informationen und Aufruf:

Die Corona-Pandemie hat weite Teile des gesellschaftlichen Lebens zum Erliegen gebracht. Viele Menschen mussten soziale Kontakte einfrieren, ganze Industriezweige wurden kurzfristig heruntergefahren oder stillgelegt. Arbeitslosigkeit, möglicher Kollaps des Gesundheitssystems und die Sorge um die Nächsten: Viele Menschen blicken jetzt in eine ungewisse Zukunft.

Corona trifft alle, aber nicht alle gleichermaßen. Während die einen nicht mehr wissen, wie sie den Spagat zwischen Homeoffice und Kinderbetreuung stemmen sollen, sitzen andere die Krise im Wochenendhaus aus. Während Geflüchtete in Lagern eingeschlossen von der Infektion bedroht sind, setzten sich andere mit dem Privatjet nach Neuseeland ab. Während viele Menschen mit ihrem Geld nicht ausreichend Lebensmittel zur Verfügung haben, leben andere in Saus und Braus. Während für viele das Geld für die Miete nicht mehr reicht, lassen es sich andere in ihren Luxusapartments gut gehen. Unmut ist da verständlich – und berechtigt.

Die Corona-Pandemie wirkt als Katalysator für die wahrscheinlich größte Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte. Die aktuellen Kündigungswellen in der Automobil-Industrie oder der Gastronomie sind die Vorboten des großen Knalls.

Die Krisenmaßnahmen der Regierung sprechen eine deutliche Sprache. Rettungsschirme in Milliardenhöhe für Konzerne werden begleitet von der Aushöhlung der Arbeitsrechte und der Verlängerung der Arbeitszeiten. Im Fokus stehen die Profite der großen Player, nicht die ökonomische Sicherheit der Bevölkerung.

Der Lockdown hat das öffentliche Leben in den letzten Wochen extrem eingeengt oder sogar beendet. Das gilt nicht nur für die ohnehin zu wenig unterstützte Kultur und Kunst, die für ein humanes gesellschaftliches Klima unverzichtbar sind. Freiheitsrechte wurden in kurzer Zeit abgebaut oder abgeschafft und politische Artikulation auf der Straße vielerorts unmöglich gemacht. Die Regierenden nutzen die aktuelle Situation und bauen die polizeilichen Befugnisse massiv aus. Hier werden Grundrechte abgeschafft.

Widerstand dagegen ist gerechtfertigt: Gegen die Verlängerung der Arbeitszeiten, gegen Kurzarbeit, Sozialabbau, gegen die Verantwortungslosigkeit, Alleinerziehende mit der Kinderbetreuung alleinzulassen. Und gegen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Kurz: Wir müssen verhindern, dass die Lasten der Krise auf unseren Rücken ausgetragen werden und der Staat aufrüstet, um den Protest dagegen zu ersticken. Aber weder Verschwörungsmythen noch die Leugnung wissenschaftlicher und medizinischer Fakten sind Antworten auf die aktuelle Situation.

Gegen jeden Antisemitismus!

Bei den vielen aktuellen Protesten gegen die „Corona-Maßnahmen“ – auch in Lüneburg – tritt häufig eine krude Mischung von Verschwörungsmythen, rechten Ressentiments und auch Antisemitismus zu Tage. Nicht wenige der Protestierenden sind davon überzeugt, hinter den „Corona-Maßnahmen“ stecke ein geheimer Plan der Regierung oder die Pandemie sei gar gänzlich eine Lüge. Dazu kommen Warnungen vor vermeintlichen Zwangsimpfungen. Zum Zweck der hinter all dem stecken soll, grassieren unterschiedliche Spekulationen und Theorien, die alle samt auf eine geheime Verschwörung mächtiger Eliten, die „das Volk“ unterdrücken und kontrollieren wollen, hinauslaufen.

Viele der Demonstrant*innen verstehen sich selbst als diejenigen, die im Gegensatz zum großen Rest der Bevölkerung wirklich kritisch denken und schon lange oder eben nun endlich aufgewacht sind, um den noch schlafenden Teil der Bevölkerung mit ihren Erkenntnissen zu erleuchten. Das Spektrum dieser Erkenntnisse umfasst vereinfachte Welterklärungen und Verschwörungsmythen, die auf den Versammlungen und in sozialen Medien in unterschiedlicher Form vertreten werden.

Wer hinter strukturellen Verhältnissen, die es grundsätzlich immer zu kritisieren gilt, mächtige Eliten wittert, die geheime Absprachen träfen, um das „unschuldige Volk“ hinters Licht zu führen, kippt Wasser auf die Mühlen der neuen und alten Rechten.

Strukturell sind Verschwörungsideologien Ausdruck eines antisemitischen Ressentiments. Der Glaube, im Geheimen wirke eine mächtige Gruppe finsterer Verschwörer*innen, ist historisch aufs Engste mit der Vorstellung verwoben, Jüd*innen seien diese Gruppe. Sie dienen – ebenso wie eine Alltagsreligion – dazu, die eigene Ohnmacht zu überwinden. Sei es gegenüber einem mächtigen Staat, einer globalen Pandemie oder einem, unser gesamtes Leben durchdringenden Kapitalismus. Außerdem bieten sie ein greifbares Feindbild, das in einer komplexen Welt schwer zu finden ist.

Wer sich ernsthaft gegen die aktuellen Probleme zur Wehr setzten will, kann und darf das niemals gemeinsam mit Rechten und Antisemit*innen machen! An den zurzeit stattfindenden Demonstrationen gegen die Corona-Einschränkungen nehmen nicht nur um die Grundrechte besorgte Menschen teil, sondern auch Antisemit*innen, Verschwörungsideolog*innen, Holocaustleugner*innen, Neonazis, rechte Esoteriker-Fans und Impfgegner*innen. Eine toxische Mischung aus Verschwörungsideologien, Esoterik, Sozialdarwinismus, Utilitarismus, Irrationalismus, Inhumanismus und sozialer Verachtung. Und auch organisierte Rechte aller Schattierungen nehmen teil. AfD und Co. sind innenpolitische Hardliner, sie stehen seit jeher für eine Law-and-order-Politik und autoritäre Formierung der Gesellschaft – und nicht etwa für Freiheitsrechte.

Wer – ob nun wissentlich oder nicht – mit AfDler*innen, Reichsbürger*innen, Antisemit*innen, Nazis, Verschwörungsideologie-Anhänger*innen und rechten Esoteriker*innen für ein vermeintlich gleiches „Ziel“ auf die Straße geht, bildet einen Schulterschluss mit Rechts, ignoriert oder erkennt nicht die Gefahr, die von rechts ausgeht, treibt den Rechtsruck in der Gesellschaft voran und ermutigt andere Menschen dazu, sich einer solchen Querfront ebenfalls anzuschließen. Durch das entstehende Gemeinschaftsgefühl, das durch „den Kampf für ein gemeinsames Ziel“ entsteht, steigt die Bereitschaft zur Offenheit anderer Teilnehmer*innen für rechte Inhalte und Verschwörungsideologie, welche längst nicht mehr nur auf zu belächelnde „Aluhut-Träger*innen“ reduziert werden kann. Immer wieder folgen ihren abstrusen Ideen blutige Taten, wie z. B. der rassistische Anschlag in Hanau gezeigt hat.

Haltet Abstand zu rechten Ideologien!

Wer sich für Grundrechte und Freiheit einsetzt, sollte dies nicht nur für sich selbst tun, sondern für alle Menschen und das nicht nur im Zuge von vorübergehenden Einschränkungen während einer Pandemie. Wer Rechte nur für sich selbst einfordert und dabei auch noch außer Acht lässt, dass die Maßnahmen viele andere Menschen schützen sollen, und wer diese Maßnahmen aufgrund von Mutmaßungen gezielt missachtet, handelt egoistisch und unsolidarisch gegenüber besonders gefährdeten Menschen und jenen, die nicht die Möglichkeit haben sich selbst zu schützen und auch gegenüber denjenigen, die tagtäglich versuchen Andere zu schützen, zu unterstützen, gegen die Ausbreitung der Pandemie ihre „Köpfe hinhalten“ und dadurch teilweise massiven physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt sind.

Mit dem Recht auf Versammlungsfreiheit muss verantwortungsbewusst umgegangen werden, um nicht das eigene Recht zulasten anderer durchzusetzen, ob nun in Bezug auf die Schutzmaßnahmen oder in Bezug auf problematische und gefährliche Inhalte.

Die Verbreitung von rechten und verschwörungsideologischen Inhalten und auch unsolidarisches, verantwortungsloses Verhalten, das möglicherweise Menschen gefährdet, wollen und können wir nicht unkommentiert lassen.

Angesichts der gerade stattfindenden Veranstaltungen von Verschwörungsideolg*innen, Corona-Leugner*innen und rechten Ideolog*innen – auch in Lüneburg -, rufen wir zu kreativem Protest auf, bei dem das Wohlergehen aller Menschen im Vordergrund steht. Sendet Botschaften in Form von Bannern und Plakaten, mit Kreide auf dem Asphalt oder was auch immer euch sonst so alles einfällt, sprecht mit eurem Umfeld, mischt euch in die Debatte ein, zeigt eine klare Haltung gegen rechts und bekundet eure Solidarität mit allen Menschen, die im Zuge der Maßnahmen und darüber hinaus zurückgelassen werden!

Klar ist: Versammlungen unter freiem Himmel müssen in Pandemie-Zeiten anders aussehen und mit Rücksicht abgewickelt werden. Aber nur Online-Demos, Foto-Aktionen oder Spaziergänge können kein Ersatz für sichtbare, dringend notwendige Gegenpositionen auf der Straße sein.

Deshalb kommt am Samstag, 16. Mai 2020, um 15 Uhr zur Kundgebung vor das Gewerkschaftshaus Achtet aufeinander, haltet Abstand und tragt bitte Alltagsmasken oder Ähnliches.

Es liegt an uns, solidarische Antworten auf die Krise zu finden und gemeinsam dafür zu sorgen, dass es eben nicht die Schwächsten sein werden, die jetzt die Krisenlasten tragen sollen. Unser Solidaritätsbegriff hat nichts mit den Durchhalteparolen aus dem Kanzleramt gemein. Mit Freiheit meinen wir nicht die Freiheit der Wirtschaft, Profite auf unsere Kosten zu machen, sondern uns dagegen zur Wehr zu setzen. Und wir zeigen klare Kante gegen die simplen Antworten und Versprechungen von rechts.

Samstag, 16. Mai 2020
15 Uhr
Vor dem Gewerkschaftshaus / Heiligengeiststraße
Lüneburg
(Ort und Zeit können sich noch ändern, achtet auf weitere Ankündigungen)

Facebook:

Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen

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