Angesichts der sich weiter zuspitzenden humanitären und politischen Katastrophe an den EU- Außengrenzen ist es unverantwortlich nicht zu protestieren. Wir sind wütend, empört und entsetzt. In Zeiten einer Pandemie ist gelebte Solidarität so wichtig wie nie und es gibt aktuell viele schöne regionale Beispiele, wie die Nachbarschaftshilfe. Doch mit wem sind wir solidarisch? Solidarität muss überall und für alle gelten! Wir sind entsetzt, dass diese Solidarität abhängig ist von Staatsbürger*innenschaften oder gesellschaftlichem Status.
In den letzten Tagen wurden in Deutschland mehrere Massenunterkünfte
von Geflüchteten unter Quarantäne gestellt, obwohl es offensichtlich
genügend Ressourcen gibt diese Menschen dezentral unterzubringen.
Tausende Menschen werden ohne hinreichende Versorgung in den überfüllten
Lagern an der griechischen EU-Außengrenze sich selbst überlassen. Die
EU versperrt sich weiterhin allen Appellen, die Lager zu räumen und die
Menschen sicher zu evakuieren. Vielmehr wird verstärkt abgeriegelt. Die
offensichtlichen Rechtsverletzungen gegen Geflüchtete dürfen nicht im
Schatten von Corona stehen.
Deshalb haben heute über 60 Menschen in Lüchow, Dannenberg und Hitzacker
ihre Meinung in die Öffentlichkeit getragen. In einer der Situation
angepassten, mobilen Aktionsform wurde mit einem respektvollen Anstand
zueinander grenzenlose Solidarität und die Wahrung der globalen
Menschenrechte gefordert.
Erschreckend war der brutale und unverhältnismäßige Polizeieinsatz.
Zu Ansammlungen kam es nur, weil zwei Polizeieinheiten auf der Langen
Straße in Lüchow die Wege blockierten oder sich durch ihre
unverhältnismäßigen Maßnahmen zuschauende Passant*innen sammelten.
Sieben Polizist*innen umzingelten beispielsweise einen Radfahrer mit
Kindern mitten auf der Straße und zwangen sie ihre Schilder abzunehmen.
Ohne Vorwarnungen und Gespräche wurden Menschen sofort zur
Personalienkontrolle gezwungen, durchsucht oder auch hart angefasst.
Dabei wurde der Sicherheitsabstand von den Beamt*innen nicht
eingehalten. Einer Person wurde gewaltig das T-Shirt vom Leib gerissen,
weil auf diesem eine Meinungsäußerung vermerkt war. Immer wieder war es
die Polizei, die Gruppenbildung betätigte. Auch hängende Transparente
wurden entfernt mit der Begründung, dass diese auch Menschentrauben
verursachen könnten. Ein Passant wies auf die Absurdität der Szenen hin:
„Einkaufen, Eis essen und arbeiten gehen sind natürlich okay, aber eine
politische Meinung zu äußern ist direkt kriminell“. Bei einer ähnlichen
dezentralen Aktion vor zwei Wochen gab es überhaupt keine Probleme. Um
sich gegen die eventuelle erfolgenden Anzeigen wegen einer
Ordnungswidrigkeit zu wehren, sollten sich alle Betroffenen mit dem Ermittlungsausschuss in Verbindung setzen:
https://ea-wendland.blackblogs.org/
Mehr den je gilt es die Menschenrechte gegen Rassismus und Staatsgewalt zu verteidigen. Wir können diesem Wahnsinn nur mit einer Rückkehr zu grundlegenden Rechten, Offenheit und Aufnahmebereitschaft begegnen.
Solidarische Provinz
Original-Artikel mit Bildern auf http://zufluchtwendland.de/leavenoonebehind-4-april-2020/
Weiterer Artikel: http://keinruhigeshinterland.org/2020/04/04/wendland-solidaritaet-kennt-keine-grenzen-meinungsfreiheit-schon/
EJZ Artikel auf: https://www.ejz.de/lokales/lokales/wegen-corona-polizei-loest-demo-in-luechow-auf_50_111866141-28-.html und Fotogalerie auf https://www.ejz.de/bilder/fotogalerien/refugees-welcome-demonstration-in-luechow_300_1128.html