Im Rahmen der bundesweiten Aktion unter dem Motto „Solidarität kennt keine Grenzen – Alle Lager sofort evakuieren“ wurde heute, 4.4.2020 auch in Lüchow, Dannenberg und Hitzacker dezentral gegen die europäische Migrationspolitik demonstriert. Eine zentrale Forderung war und ist, die Lager an den europäischen Außengrenzen zu schließen und die Menschen zu evakuieren. Dabei kam es zu surrealen Szenen polizeilicher Gewalt und Willkür.
Aufgrund der Corona-Epedemi wurde dazu aufgerufen, sich alleine oder zu zweit mit einem Transpi oder Schild in Lüchow zu bewegen, den sog. Sicherheitsabstand zu anderen Menschen einzuhalten und einen Mundschutz/Vermumung zu tragen. So protestierten bereits schon vor zwei Wochen Menschen in Lüchow für die Schließung der Lager. Auch in anderen Städten fanden ähnliche Demo-Konzepte statt. Doch die einzigen, die sich nicht an die „Abstandsregel“ hielten, waren die Bullen.
Auch heute waren wieder viele Zweier-Grüppchen oder andere Kleinstgruppen (z. B. Personen mit Kindern) unterwegs – die meisten zu Fuß, einige auf dem Rad – und versuchten, den Protest auf die Straße zu bringen.
Heute allerdings fuhren das Ordnungsamt und die hiesigen Bullen, wie in anderen Städten auch schon geschehen, die Null-Toleranz-Schiene. Eine Lüneburger Hundertschaft war allein in Lüchow hinzugezogen worden, um Protest und öffentliche Meinungsäußerungen an diesem Samstag zu verhindern. Die Bullen gingen konfrontativ auf die Leute zu, umkreisten sie, hielten kaum oder teilweise nur nach Aufforderung Abstand. Nur die wenigsten Bullen hatten Mundschutz oder Einmal-Handschuhe an. Personalien wurden unter der Androhung von Zwangsmaßnahmen („und dann macht’s aua“) aufgenommen. Alle Plakate und Transpis, die nicht sofort (sicher) weggepackt oder -gebracht wurden, haben die Bullen eingesammelt. Jedes noch so kleine Schild, was irgendwo lehnte, wurde erst abgefilmt und dann konfisziert. Weil eine Frau ein T-Shirt mit einer politischen Forderung nicht ausziehen wollte, zogen sie es ihr auf offener Straße unter massiver Gewaltanwendung aus und nahmen sie anschließend in Gewahrsam. Dabei fuhren permanent Wannen durch die gut belebte Stadt und verseuchten per Lautsprecher die Luft mit skurrilen Warnmeldungen, wie: „Halten Sie Abstand! Hören sie auf zu demonstrieren! Gehen sie eineinhalb Meter auseinander.“ Es wirkte alles mal wieder recht apokalyptischen und viele waren zugegebener Maßen phasenweise auch etwas fassungslos, es ist aber auch heute wieder – wie so oft in letzter Zeit – wahr.
Und all dies unter dem Vorwand des Infektionsschutzgesetzes: die „Versammlung“ war verboten worden. Die Begründung war, dass Passant*innen, die die Schilder lesen wollen, sich in Gruppen vor diesen ansammeln könnten und dies dann zu Ansteckungen führen würde.
Auf rationaler Ebene könnte mensch sich fragen, warum sollten sich Leute vor Transpis ansammeln und nicht von selbst (eigenverantwortlich) wie sonst auch in der Öffentlichkeit (Supermarkt, Arbeitsplatz, Bahn) Abstand halten? Auf juristischer Ebene können sich Menschen nun mit Fragen auseinandersetzen, wie: Seit wann sind 2 Personen schon eine Versammlung?
Aber keine Frage ist, dass unser Widerstand auf die Straße gehört!
Das Anliegen des Staates, Widerstand, der ihm in irgendeiner Form gefährlich erscheint, zu brechen oder erst einmal zu unterbinden, ist uns bekannt. Auch hier, bei diesen Protesten, die selbstbestimmt und eigenverantwortlich (im Sinne einer Ansteckungsgefahr) umgesetzt werden, wird wohl vielmehr die Befürchtung des Verlust von Kontrolle ausschlaggebend sein, so hart durchzugreifen, als die offizielle Begründung des Landkreises.
Was hieße es, wenn offenkundig wird, dass Menschen selbstbestimmt und eigenverantwortlich im öffentlichen Raum handeln und sich über Verbote bewusst hinweg setzen? Und dies in einer Zeit, in der von oben verordnete Maßnahmen sich in alle Bereiche der Bevölkerung, des Arbeitsplatzes, des Privaten hinein bohren. Was hieße es, wenn die Menschen anfangen, laut Maßnahmen in Frage zu stellen oder gar sich ihnen kollektiv zu verweigern?
Fest steht: Wir werden weiter machen, mit alten und neuen, kreativen Aktionen in den öffentlichen Raum zu gehen. Und wir fordern alle auf, sich in diesen Zeiten ebenfalls darin zu erproben und so gut es geht vorzubereiten auf das, was da noch kommen mag…
KEIN MENSCH IST ILLEGAL!
GEGEN DAS ESTABLISHMENT!
NIEMALS AUFGEBEN!