Presse: Schändung der geplanten Moschee in Lüchow

Am Sonntag Vormittag wurde ein Schweinekopf entdeckt, welcher mit einem Hakenkreuz versehen war und an die Tür der geplanten Moschee im alten Lüchower Bahnhof genagelt war.
Hier eine Kleine Pressezusammenfassung zum Thema.
Aus gegebenem Anlass:
Wir verurteilen die Schändung des Lüchower Gebetsraums entschieden!!!
Spontandemo gegen Rassismus und Faschismus *
wann? am 29. April um 11 Uhr
wo? Parkplatz vor ehemals Hettig/ Café Zuflucht
Kommt alle und macht eurem Unmut Platz! Bringt Transpis mit!
Bündnis gegen Rechts Wendland/Altmark

Artikel vom 24.4. auf ndr.de: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/lueneburg_heide_unterelbe/Schweinekopf-vor-Moschee-Polizei-ermittelt,schweinekopf106.html
Artikel vom 24.4. in der Volkstimme: http://www.volksstimme.de/lokal/salzwedel/schweinekopf-kuenftige-moschee-geschaendet
Artikel vom 25.4. in der EJZ:
rg Lüchow. Die Spuren sind beseitigt. Nichts erinnert mehr am ehemaligen Lüchower Bahnhof an das, was dort am Wochenende geschah: Unbekannte hatten dort, wo derzeit der Gebetsraum der muslimischen Gemeinde Lüchow-Salzwedel entsteht, einen mit einem Hakenkreuz versehenen Schweinekopf an der Außenwand des Gebäudes befestigt. Eine Tat, wie es sie in Nordost-Niedersachsen noch nicht gegeben hatte, und selbst bundesweit habe es erst eine Handvoll solcher Vorfälle gegeben, in Essen und Potsdam etwa, heißt es von der Polizei. Deren Spezialabteilung für politisch motivierte Taten hat mittlerweile die Ermittlungen übernommen, man geht davon aus, dass es sich um eine Tat aus dem rechten Milieu handelt, ermittelt wird wegen Volksverhetzung und dem Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole. „Auch wir sind schockiert“, sagt Polizeisprecherin Antje Freudenberg: „Das geht deutlich über die leider schon bekannten Schmierereien hinaus – das ist eine neue Qualität.“

Dass diese Tat, das Schänden einer muslimischen Gebetsstätte, ausgerechnet in Lüchow stattgefunden hat, erstaunt. Es gibt dort keine große offen rechte Szene, der Widerstand gegen das geplante und bereits in Umsetzung befindliche muslimische Gotteshaus im ehemaligen Bahnhof für die mehr als 1000 Gläubigen in den Landkreisen Lüchow-Dannenberg und Salzwedel beschränkte sich bislang auf Kommentare in den Sozialen Netzwerken (EJZ berichtete). Keine Demos, keine Kundgebungen, keine Mahnwachen – kein großes Aufbegehren des Wut-Bürgertums. Daher liegt die Vermutung nahe, dass es sich möglicherweise um Täter aus dem Altmarkkreis handeln könnte, heißt es in Ermittlerkreisen. Dort, in der Altmark, finden sich gleich mehrere Neonazi-Kameradschaften sowie ein Motorradclub, der mit der rechten Szene in Verbindung gebracht wird. Ermittelt werde jedoch in alle Richtungen, so Polizeisprecherin Freudenberg.

Ahmed-Maher Mouhandes, Hals-Nasen-Ohren-Arzt in Lüchow und Imam der Muslimischen Gemeinde Lüchow-Salzwedel, wollte zu dem Vorfall keine Stellung beziehen. „Herr Mouhandes gibt dazu keinen Kommentar ab“, hieß es am Montagmittag in seiner Praxis. Beim Landesverband der Muslime, der Schura Niedersachsen, nahm man die Schändung des künftigen muslimischen Gotteshauses aufmerksam zur Kenntnis: „Wir sind besorgt und bedauern dieses Ereignis zutiefst“, so Recep Bilgen, Vorsitzender Schura Niedersachsen: „Wir wünschen uns eine vollständige Aufklärung seitens der zuständigen Behörden“, forderte Bilgen intensive polizeiliche Ermittlungen.

Auch beim Zentralrat der Muslime in Deutschland zeigt man sich besorgt: „Diese Art der Schändung muslimischer Gotteshäuser nimmt leider in der letzten Zeit in Deutschland weiter zu und besorgt uns sehr, auch weil es zeigt, dass für die Sicherheit der Moscheen nicht ausreichend gesorgt wird, was doppelt betroffen macht“ so der Vorstandsvorsitzende Aiman Mazyek.

Als „eklatante Herabwürdigung und Missachtung der Religionsfreiheit anderer“ bezeichnete Lüchow-Dannenbergs parteiloser Landrat Jürgen Schulz die Tat. Religionsfreiheit und die freie Ausübung der Religion seien in Deutschland grundgesetzlich garantiert und die Aktion sei „als Sauerei anzusehen und stellt einen Bruch grundgesetzlich garantierter Rechte dar“. Zudem sei es „eine unappetitliche Straftat unter Benutzung verbotener Nazi-Symbole“, die, so Schulz „mit allen Mitteln unseres Rechtsstaates zu verfolgen und zu ahnden ist“. Der Vorfall zeige aber auch, dass es mit der Feststellung des früheren Bundespräsidenten Wulff, der Islam gehöre zu Deutschland, „noch nicht so weit her“ sei, meint Schulz, und „die Gesamtgesellschaft – insbesondere das staatliche Handeln – noch deutlich stärker auf Toleranz und Integration ausgerichtet werden“ müsse.

Entsetzt zeigte sich auch die hiesige Grünen-Bundestagsabgeordnete Dr. Julia Verlinden: „Die widerwärtige Tat bestürzt mich und ich verurteile sie. Es ist gut, dass die Polizei die Ermittlungen wegen Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen aufgenommen hat.“ Leider zeige die Tat, dass trotz der gelebten Willkommenskultur und des vorbildlichen Umgangs mit Geflüchteten auch Lüchow-Dannenberg „nicht frei von Ressentiments gegenüber Menschen anderer Nationalität und anderer Religion“ sei, meint Verlinden. „Das sollte Ansporn für uns sein, sich weiter für Toleranz und ein offenes Miteinander einzusetzen. Zum Wohle aller.“

Artikel vom 25.4. ejz
Lüchow. Die Polizei in Lüchow ermittelt wegen Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Unbekannte hatten im Verlauf des Wochenendes den Kopf eines geschlachteten Schweines, auf dem auch ein Hakenkreuz markiert worden war, an der Außenwand des künftigen Gebetsraumes der muslimischen Gemeinde am Bahnhof in Lüchow angebracht. Die Tat war Sonntagmittag von einem Mitglied der Gemeinde entdeckt worden.↔ejz

Artikel vom 18.02. ejz
Von Benjamin Piel
Lüchow. „Feuerwehr Lüchow hat bald was zu tun.“ Darunter ist ein Mann zu sehen, der die Faust reckt, von Flammen umgeben. Das ist die Spitze der Hetze und der verbalen Ausfälle, die losgebrochen sind, nachdem bekannt geworden ist, dass der Lüchower Arzt Ahmed-Maher Mouhandes den Lüchower Bahnhof gekauft hat und im Inneren eine Moschee einrichtet. Die EJZ hat diesen indirekten Aufruf zu einer schweren Straftat der Polizei gemeldet. Die Reaktion von Polizeisprecher Kai Richter: „Die Polizei wird ermitteln.“ Die Äußerung sei von strafrechtlicher Relevanz.

Die Reaktionen im Internet auf die Moschee-Pläne sind zahlreich und größtenteils ablehnend. „Sowas gehört hier nicht hin“, meint einer. Jemand anderes schreibt: „Wir sollten uns damit abfinden, morgens, mittags und abends vom Iman zum Gebet aufgerufen zu werden.“ Hetze, Hass und Ablehnung sind Mouhandes im Internet entgegengeschlagen. Die Familie des HNO-Arztes und Imams ist bestürzt. Es macht ihnen zu schaffen, erleben zu müssen, dass selbst in Lüchow-Dannenberg Kräfte am Werk sind, die verbal zündeln, Kräfte, die den Islam hassen und der Religion pauschal vorwerfen, radikal und gewalttätig zu sein.

Glückwünsche von Patienten

Mouhandes ist selbst nicht in den sozialen Netzwerken unterwegs. Aber seine Kinder haben ihm erzählt, was für eine Schlacht da tobt. Mouhandes ist froh, dass er in seinem realen Leben andere Reaktionen bekommt. „Patienten haben mir gratuliert und sich gefreut“, berichtet er. Persönlich habe er keinen Hass erlebt, ganz im Gegenteil. Er bemüht sich, das alles nüchtern zu sehen: „Es gibt immer Leute, die etwas dagegen haben.“ Er und die anderen Muslime täten „etwas Legales, mehr nicht“. Der ganze Wirbel um den Umbau ist ihm zu viel, das alles sei doch „nur eine Kleinigkeit“.

Wichtig ist ihm, Gerüchten entgegenzutreten, die im Umlauf sind und zu Irritationen führen. Ja, es gebe in der Region um Lüchow herum, also auch im Altmarkkreis Salzwedel, schätzungsweise 1000 Muslime. Die würden allerdings nicht annähernd alle zum Freitagsgebet in den entstehenden Gebetsraum kommen. „Zum Gebet kommen momentan 80 bis 100 Leute“, stellt Mouhandes, der Vorsitzende des Vereins Islamische Gemeinde Salzwedel Kreis Lüchow-Dannenberg, klar. Schon seit Jahren gibt es in Lüchow einen Gebetsraum in der Salzwedeler Straße. Doch seitdem mehr Flüchtlinge in Lüchow-Dannenberg und dem Kreis Salzwedel leben, ist der Raum zu klein geworden. Nach einigem Suchen nach einer Alternative hat der 62-Jährige den Bahnhof von Privatleuten gekauft. Saniert werden letztlich lediglich zwei Räume auf rund 100 Quadratmetern, ein Gebetsraum für die Männer, einer für die Frauen.

Mouhandes hofft, dass alle Arbeiten, viele davon in Eigenregie, glatt laufen und die Wendland-Moschee, so der offizielle Name, in drei bis vier Monaten eröffnet. Dann soll es eine öffentliche Einweihungsfeier geben. Die Lüchower Tafel bleibt übrigens in dem Gebäude. „Wir sind in gutem Einvernehmen mit Herrn Dr. Mouhandes“, betont der Tafel-Vorsitzende Dr. Günther Nemetschek. Auch Züge können weiterhin in dem Bahnhof halten. „Das ist vollkommen unabhängig von dem Bahnhofsgebäude“, unterstreicht Thorsten Hensel vom Fahrgastrat Wendland.