Dannenberg. An der Dannenberger Capio-Elbe-Jeetzel-Klinik werden keine Schwangerschaftsabbrüche nach der Beratungsregelung mehr vorgenommen. Der neue Chefarzt der Gynäkologie, Thomas U. Börner, ist bekennender Christ, für ihn gilt das Nicht-Tötungsgebot der Bibel. Deshalb hat er als leitender Arzt entschieden, dass auch die anderen Ärzte in seiner Abteilung keine Abbrüche mehr vornehmen werden. Börner hat dabei die Rückendeckung der Klinikleitung.
Ihm sei es leicht gefallen, den Ansatz des neuen Chefarztes mitzutragen, betont Klinikchef Dr. Markus Fröhling. Schwangerschaftsabbrüche widersprächen auch seiner christlich-anthroposophischen Weltanschauung. Es sei normal, dass ein leitender Arzt Richtlinien vorgebe. Weil ein Abbruch immer auch ein Risiko für die Gesundheit der Frau sei, die dadurch etwa ihre Gebärfähigkeit verlieren könne, sei für ihn nachvollziehbar, wenn ein Chefarzt dafür nicht die Verantwortung übernehmen wolle.
Im vergangenen Jahr waren am Dannenberger Krankenhaus 31 Schwangerschaften nach der Beratungsregelung abgebrochen worden, Börner, der dort seit 2010 beschäftigt ist, war an keiner beteiligt. Er verweist auf die Gesetzesregelung, dass „niemand zur Mitwirkung an einem Schwangerschaftsabbruch verpflichtet“ werden kann, das Gesetz verlangt nicht mal eine Begründung. Das Gebot: Du sollst nicht töten, begleite ihn schon seit seiner Jugendzeit, aus diesem Grund sei er nicht zur Bundeswehr gegangen, habe Zivildienst gemacht. Über den Rückhalt der Klinikleitung ist er froh, wegen seiner Haltung, Schwangerschaftsabbrüche nicht vorzunehmen, habe er schon manche Stelle nicht bekommen.
Nun ist er Chefarzt in Dannenberg. Dass sich damit für das Krankenhaus auch das Thema Abbrüche erledigen würde, hätten die meisten seiner Kollegen sicherlich geahnt, meint Börner und spricht von „verhaltener Zustimmung“. Denn: „Kein Arzt macht das wirklich gerne“. Allerdings sagt er auch, dass „die meisten Kollegen in meinem Fachbereich“ Abtreibungen vornehmen. Mittlerweile hat er die hiesigen niedergelassenen Frauenärztinnen informiert, er sei nicht auf Begeisterung gestoßen, die Kolleginnen hätten seine Entscheidung aber akzeptiert. Auch die Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle der Diakonie – die des Gesundheitsamtes gibt es seit einigen Monaten nicht mehr, seitdem die Mitarbeiterin im Ruhestand ist – sei informiert worden. Dort hoffte man allerdings noch, dass die Entscheidung nicht endgültig sei und das Angebot wieder aufgenommen werde.
Er sehe durchaus, dass manche Frauen durch eine Schwangerschaft in eine schwierige Situation kommen, sagt Börner. Auch als er einige Jahre in eigener Praxis in Uelzen praktizierte, habe er das Thema nicht leicht genommen, und versucht, Lösungen zu finden, damit die vor ihm sitzenden Frauen, das Kind behalten konnten. „Wenn man nachhakt, ist die Situation gar nicht so aussichtslos, wie es scheint“, meint er. Oft wollen die Frauen das Kind behalten, fühlten sich aber von ihrem Freund oder Mann oder ihrer Familie im Stich gelassen. In Uelzen sei er Mitbegründer eines Vereins „Hoffnung“, der werdende Mütter unterstütze, etwa bei der Erstausstattung oder auch bei der Suche nach einer größeren Wohnung.
„Warum verhütet ihr nicht?“ Diese Frage stellt sich ihm immer wieder. Denn die meisten Schwangerschaften, die abgebrochen werden sollen, seien entstanden, weil überhaupt nicht verhütet wurde, nicht nicht, weil die Verhütung schiefgegangen sei. „Meine Güte: Die Pille gibt es schon für unter fünf Euro pro Monat“, sagt Börner. Und außerdem können sich alle bis zu fünf Tage nach dem Geschlechtsverkehr die „Pille danach“ aus der Apotheke holen – ohne Rezept: Man fragt sich, warum musste es überhaupt soweit kommen“. Stattdessen erlebe er, dass manche seiner Patientinnen schon mehrere Abbrüche hinter sich haben.
Für ihn ist der Abbruch einer Schwangerschaft nur vorstellbar, wenn das Leben der Mutter auf dem Spiel stehe – was er in seinen 27 Berufsjahren einmal erlebt habe -, oder auch nach einer Vergewaltigung. Einen solchen Fall hatte er jedoch noch nie. Was das Thema behinderte Kinder angeht, stellt Börner klar, dass die Behinderung allein keinen Abbruch erlaube, wohl aber könne eine medizinische Indikation in Frage kommen, weil die seelische Gesundheit der Schwangeren gefährdet sei. Ein Fall für eine „sehr individuelle Entscheidung“.
gefunden ejz vom 4.2.17