p Dannenberg. Erwartungsgemäß hoch geschlagen sind die medialen Wellen nach der Entscheidung der Dannenberger Capio Elbe-Jeetzel-Klinik, keine Abtreibungen mehr vorzunehmen (EJZ berichtete). Hintergrund ist, dass der neue Chefarzt es aufgrund seines christlichen Glaubens ablehnt, Abtreibungen selbst durchzuführen und sich auch nicht im Stande sieht, die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass andere Ärzte der Dannenberger Gynäkologie den Eingriff vornehmen.
Genau das kritisiert nun ausgerechnet die deutsche Geschäftsführung des schwedischen Gesundheitskonzerns Capio, zu dem das Krankenhaus gehört. „Wir sind mehr als überrascht von dieser Entscheidung“, betont Geschäftsführer Klaus Wöhrle und rückt damit vom Dannenberger Klinikdirektor Dr. Markus Fröhling ab. Er habe den Schritt nicht mit der deutschen Spitze des Konzerns abgesprochen, obwohl die Aktion „abstimmungsbedürftig gewesen wäre“. Der Kurs sei ein Novum für den Capio-Konzern, dessen Kliniken dezidiert weltanschaulich neutral agieren würden. Dass ein einzelner Arzt für sich eine solche Entscheidung treffe, sei vollkommen in Ordnung, nicht aber, das ein Chefarzt diesen Schritt für eine ganze Abteilung vorgebe. Eine solche Entscheidung zu treffen, stehe der Capio als Krankenhausträger nicht zu und habe zu einer „mehr als misslichen Situation“ geführt, die nicht das sei, „was der Konzern mitträgt“. Auf die Nachfrage, ob die Entscheidung zurückgenommen werde, antwortet Wöhrle, man sei dabei, die Sache aufzuarbeiten.
Auch Landrat Jürgen Schulz (parteilos) sieht die Entscheidung kritisch. Das Krankenhaus sei vor mehr als zehn Jahren privatisiert worden und ein Einfluss des Landkreises auf interne Entscheidungen bestünden insofern nicht mehr. Dennoch ist Schulz „überrascht und einigermaßen irritiert“. Er findet: „Bei allem Respekt vor der persönlichen Entscheidung des Chefarztes ist es bedauerlich, dass diese Entscheidung auf das gesamte Krankenhaus ausgedehnt wurde.“ Schließlich definiere es sich „als das Krankenhaus für Lüchow-Dannenberg und unser medizinisches Zentrum der Erst- und Grundversorgung“. Zu einer gynäkologischen Abteilung gehöre allerdings auch „das Selbstbestimmungsrecht der Frauen im Rahmen unserer geltenden Rechtsordnung“. Dass Schwangerschaftsabbrüche wohnortnah nun nicht mehr ermöglicht würden, präge „das Image der gesamten Region“. Die Entscheidung eröffne „eine längst überwundene Diskussion vergangener Jahrzehnte und sollte überdacht werden“, fordert der Landrat.
Erschüttert von der Entscheidung zeigt sich Claudia von Bülow, Leiterin der Uelzener Beratungsstelle des Verbundes Pro Familia, wo sich auch Lüchow-Dannenberger Frauen beraten lassen. Es gebe dieses Recht und es sei nicht hinnehmbar, dass es durch eine solche Entscheidung lokal verweigert werde. Deutlich weist von Bülow die Aussage des Chefarztes zurück, es gebe doch Verhütungsmittel. Ihre Erfahrung zeige, dass mehr als 70 Prozent der Frauen, die sich beraten lassen, sehr wohl verhütet hätten, allerdings gebe es keine Verhütungsmethode mit vollständiger Sicherheit. „Frauen sind nicht verantwortungslos“, unterstreicht von Bülow.
Unterstützung kommt derweil einzig vom Verein Aktion Lebensrecht für Alle. Die Bundesvorsitzende Alexandra Linder begrüßt die Entscheidung. „Das Ergebnis einer Abtreibung ist ein totes Kind und eine verletzte Frau und Familie“, so ihre Position. Eine wirkliche Lösung könne nur sein, „dass man die Mutter bei der Bewältigung von Problemen unterstützt und die Menschenrechte ihres Kindes dabei wahrt“. Abtreibung sein „keine Hilfe, sondern die Tötung eines unschuldigen Kindes, eine menschliche Tragödie und eine gesellschaftliche Kapitulation“. Die Gewissensfreiheit des medizinischen Personals sei ebenfalls ein wichtiger und zukünftig möglicherweise bedrohter Aspekt: „In einigen Staaten und auf europäischer Ebene gibt es Bestrebungen und teilweise bereits Regelungen, um das Menschenrecht auf Gewissensfreiheit in diesem Bereich abzuschaffen“, kritisiert Linder.
gefunden ejz vom 8.2.17