BI sieht sich „kampagnenfähig“

Atomkraftgegner wollen Position beziehen gegen Ergebnis der Endlager-Kommission

fk Trebel. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (Bl) geht mit unverändertem Vorstand in ein aus ihrer Sicht wichtiges Jahr. Die Endlager-Kommission, die Kriterien und ein Verfahren für eine neue Endlagersuche entwerfen soll, wird ihren Abschlussbericht vorlegen. Darin könnten Festlegungen enthalten sein, die auf ein Endlager in Gorleben zulaufen, so die Befürchtung der Atomkraftgegner. Außerdem droht nach Ansicht des alten und neuen Vorsitzenden Martin Donat eine Renaissance der Atomenergie in Europa. Gegen beides müsse man sich organisieren und gemeinsame Positionen innerhalb der Anti-Atom-Bewegung finden, erklärte Donat in der BI-Mitgliederversammlung in den Trebeler Bauernstuben.

Vor der Gemeinsamkeit nach außen gilt es offenbar erst einmal, die Einigkeit nach innen herzustellen. Auch in der BI gebe es Gräben, meinte Donat. Der Vorstand sei der Ort, an dem die Gräben überwunden werden müssten. Es gebe in der BI bürgerliche und radikalere Kräfte. Unterschiede wurden deutlich bei Anträgen von Mitgliedern und bei den Vorstandswahlen. Ein Antrag befasste sich mit der Gemeinnützigkeit der BI. Die Anerkennung sei ein Kontrollinstrument des Staates, von dem man sich freimachen müsse. Donat sprach dagegen von der Anerkennung des Staates für die gemeinnützige Tätigkeit der BI, auf die man nicht verzichten werde und die man in der Geschichte immer wieder erstreiten musste.

Unterschiedliche Auffassungen zum Kurs der BI bekundete etwa Kerstin Rudek. Sie forderte eine verstärkte „Basisarbeit“ und Präsenz innerhalb Lüchow-Dannenbergs. Bei den Vorstandswahlen drückten sich die unterschiedlichen Strömungen innerhalb der BI durch auffallend viele Gegenstimmen oder Stimmenthaltungen aus. So gab es selbst bei der Wiederwahl Donats zum Vorsitzenden fünf Stimmenthaltungen. Außerdem musste er Auskunft geben darüber, wie er das Verhältnis zwischen seinem BI-Vorsitz und seiner Aufgabe als Politiker sehe Donat ist Soli-Kreistagsabgeordneter. Für ihn stehe der BI-Vorsitz an erster Stelle, erklärte er. Außerdem sei er in keiner Partei, sondern lediglich in einer Wählergemeinschaft.

Elisabeth Hafner-Reckers bekam bei ihrer Wahl zur stellvertretenden Vorsitzenden sechs Gegenstimmen und 17 Stimmenthaltungen. Die Besetzung der übrigen Vorstandspositionen verlief dagegen bei jeweils zwei Stimmenthaltungen fast einhellig. Gewählt wurden die Amtsinhaber des vergangenen Jahres: Vorsitzender Martin Donat, Stellvertreterin Elisabeth Hafner-Reckers, Pressesprecher Wolfgang Ehmke, Kassenwart Klaus Longmuß, und dazu noch Kerstin Rudek, Birgit Fuhrmann, Anja Meyer, Günter Hermeyer und Henrik Stern. Der Kassenbericht stellte die Aktionsfähigkeit der Bürgerinitiative heraus. Es seien ausreichend Rücklagen da, um jederzeit „kampagnenfähig“ zu sein, meinte Schatzmeister Longmuß. Diese Fähigkeit könnte im laufenden Jahr gefragt sein. Denn zum Bericht der Endlager-Kommission will die BI ihre Position deutlich machen. Der Kommission werde es mit ihrem Abschlussbericht nicht gelingen, die Endlagersuche streitfrei zu stellen, meinte der BI-Vorsitzende Donat. In dieser Frage teilten die anderen Anti-Atom-Initiativen in Deutschland die Position der Lüchow-Dannenberger Bl. Man werde zusammen mit Greenpeace und anderen Organisationen eine gemeinsame Haltung gegenüber dem Kommissionergebnis einnehmen, auch auf der Straße.

Von Seiten der Berliner Politik sei versucht worden, den Eindruck zu erwecken, es gäbe keinen Grund zur Aufregung mehr für die wendländischen „Gorleben“-Gegner; Das Gegenteil sei der Fall, meinte Donat. „Wir wollen mitreden über Standards,“ forderte er. Außerdem müsse es eine öffentliche Debatte über den Umgang mit dem Atommüll geben.

Handlungsfähigkeit ist nach Donats Angaben nicht nur bei den strahlenden Abfällen, sondern auch bei der Atomenergie insgesamt nötig. Die Klimabeschlüsse von Paris würden von interessierter Seite als Argument für die Atomenergie genutzt. Deren Renaissance stehe in Europa „in den Startlöchern“.

Zu Beginn der Versammlung erinnerten sich die BI-Mitglieder an ihre ehemalige Ehrenvorsitzende Marianne Fritzen. Der Vorstand hatte Filmsequenzen zusammengestellt aus einem Interview Fritzens für die ZDF Initiative „Gedächtnis der Nation“. Marianne Fritzen sei zu einer „Zeugin des Jahrhunderts“ geworden, meinte der aktuelle Bl-Vorsitzende, Donat.

Gefunden in EJZ, Dienstag, 15.03.2016, S.3