Heute haben mehr als 70 Menschen für queere Sichtbarkeit in der Provinz und gegen polizeiliche und rechte Gewalt demonstriert. Der Demonstrationszug lief um die Mittagszeit durch die Innenstadt und skandierte immer wieder kraftvoll Parolen.
In konservativen queeren Kreisen geht die Einstellung um, dass „wir“ nicht mehr auf die Straße müssten, jetzt wo es ja schließlich die Ehe für alle gibt. Wir wollten die Ehe für alle nie. Die Ehe als Basis der bürgerlichen Kleinfamilie, ist nur dafür gut, die Verhältnisse dieser neoliberalen kapitalistischen Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Queere Leute waren immer außerhalb dieser Gesellschaft, die Ehe steht uns erst seit ein paar Jahren in Deutschland zu. Doch in der Anbiederung an die bürgerlichen Verhältnisse, gehen immer noch ein Haufen von uns Queeren verloren. Für viele von uns ist die Kleinfamilie nichts, was Sicherheit und Geborgenheit bedeuten kann. Viel zu oft müssen wir hören, dass wir ja jetzt alles erreicht haben. Heterosexuelle fragen oft ungläubig und erstaunt, ob wir wirklich noch Diskriminierung erleben. Als wenn das auf einmal aufhört mit der Ehe. Als ob unser größter Traum wäre, endlich zu der Gesellschaft dazugehören zu dürfen, die uns Jahrhundertelang unterdrückt hat. Wir wollen Freiheit für alle. Viel zu selten werden wir, die systemkritischen Queers gesehen, geschweige denn ernst genommen. Deshalb sind wir heute auf die Straße gegangen und haben uns öffentlich in Salzwedel gezeigt.
Solange es kein ernsthaftes antifaschistisches Commitment der Mehrheit der Gesellschaft gibt, solange es keine ernsthafte Debatte über Rassismus gibt, solange es keine ernsthafte Auseinandersetzung über Polizeigewalt und rechte Strukturen innerhalb der Polizei gibt, hören wir nicht auf, auf die Straße zu gehen.
Quelle https://de.indymedia.org/node/107085