Aufruf der Antifaschistischen Aktion Lüneburg / Uelzen zu einen öffentlichen Gedenkort in Lüneburg
Am Abend des 7. April 2020 wurde der 15-jährige Arkan Hussein Khalaf in Celle von einem 29-jährigen Deutschen ohne Vorwarnung angegriffen und mit einem Messer schwer verletzt. Arkan erliegt kurz darauf im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Direkt nach diesem Mord hieß es schon, dass der Täter bei seiner Festnahme am Tatort „verwirrt“ gewesen sei und es „keinerlei Anhaltspunkte für eine ausländerfeindliche oder politisch motivierte Tat“, gäbe.
Dienstag, 14. April (18 Uhr) bis Dienstag, 21. April 2020 (23 Uhr)
Lüneburg – Mahnmal für die Opfer des Faschismus – Lindenstrasse
Dem „Islamischen Staat“ entkommen – hier ermordet
Arkan und seine Familie überlebten 2014 den Völkermord des selbsternannten „Islamischen Staates“ (IS) im Sengal(Nordirak). Der IS überfiel im August 2014 die Sengal Region, ermordete über 5000 Jungen und Männer, entführte mehr als 7000 Frauen und Kinder und versklavte zahlreiche der entführten Frauen und Mädchen. Bis heute werden tausende Menschen vermisst. Insgesamt wurden mehr als 400.000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. So auch Arkan und seine Familie. Über die Türkei und Griechenland können sie nach Deutschland fliehen und finden 2015 Zuflucht in Celle. In der niedersächsischen Stadt leben weitere Eziden, die vor dem Völkermord fliehen konnten.
Das Land der Einzeltäter
Anderthalb Monate nachdem ein Rassist am 19. Februar 2020 in Hanau 10 Menschen ermordete, stirbt ein 15-jähriger Geflüchteter als er mit seinem Fahrrad Abends durch die Stadt fährt. Der 29-jährige Täter, Daniel S., pflegte Online-Kontakte zu Neo-Nazis, verkehrte auf Seiten sog. „Reichsbürger“ und beschäftigte sich mit rassistischen und antisemitischen Verschwörungstheorien. Dennoch stand für die Polizei und Staatsanwaltschaft sofort fest: Es gäbe keinen rassistischen Hintergrund.
Das Schema nach dem die Taten und Täter*innen, nach einem rassistischen Mord, bewertet wird bleibt das gleiche: verwirrt, physisch krank, kein politischer Hintergrund, Einzeltäter. Rassismus wird als Tatmotiv allzu oft gar nicht nicht erst in Betracht gezogen. Stattdessen wird die Motivation auf eine vermeintliche psychische Auffälligkeiten des Täters geschoben. Doch Verschwörungsideologien sind nicht klinisch und wer im Namen menschenverachtender Ideologeme handelt ist kein Einzeltäter
Das wollen wir so nicht hinnehmen! Der psychische Zustand von Täter*innen ist nicht das Gleiche wie ihre Motive und die Polizei und Staatsanwaltschaften haben eine viel zu lange Geschichte von Vertuschungen, Falschverdächtigungen, Lügen und der Umkehr von Täter*in und Opfer.
Das Problem heißt Rassismus und ist tödlich!
Weder Daniel S. noch der Attentäter von Hanau handelten alleine. Sie handelten aus einem rassistischen gesellschaftlichen Klima heraus in welchem Geflüchtete und Migrant*innen das Recht auf (ein unversehrtes) Leben abgesprochen wird. Ein Klima welches von Parteien, allen voran der AFD, Medien wie der BILD-Zeitung und alltäglicher Hetze geschürt wird und den Nährboden für die Taten von Hanau und Celle bildet. Aus Worten werden Taten.
Es gilt jetzt, den rassistischen Hetzern auf der Straße, dem rechten Mob im Internet und allen, die die rassistische Gewalt in Deutschland verharmlosen, entgegen zu treten. Es gilt den Opfern antisemitischer und rassistischer Gewalt und ihren Angehörigen zuzuhören und sich parteilich an ihre Seite zu stellen. Daher ist es umso wichtiger, dass wir unsere Empörung sichtbar machen und unsere Trauer und Wut in die Öffentlichkeit tragen.
Gerechtigkeit für Arkan
Kein Vergeben, kein Vergessen
Rassistische Strukturen erkennen, Rassismus benennen und bekämpfen gehört zur Notwendigkeit in dieser Gesellschaft. Gerade in Zeiten der Krise erwarten Millionen Migrant*innen und Geflüchtete die gleiche Solidarität gegen Rassismus sowie ein Virus. Die Rassismus-Pandemie nimmt genauso Leben von uns wie eine Virus-Pandemie. Es ist gefährlich, heimtückisch, hinterhältig und feige.
Traurig und wütend fühlen wir heute mit den Angehörigen des Ermordeten und stehen in diesen schweren Tagen an eurer Seite. In der Erinnerung, in eurem Schmerz sind wir vereint. Wir haben einen Bruder, einen Sohn, ein Kind verloren: Arkan Hussein Khalaf.
Er starb nicht allein, es sind hier schon viele, ganz viele zu Opfern von Rassismus gemacht worden. Diese Menschen wurden nicht nur einzeln von Rassisten und Nazis ermordet, sondern auch vom strukturellen Rassismus in dieser gesamten Gesellschaft, die diese Menschen auf dem Gewissen hat, denn sie lässt nach wie vor Rassismus geschehen.
Rassistische Motive müssen klar benannt werden. Wir sind es Arkan schuldig, seinen Namen und sein Leben nicht zu vergessen, ihn im Bewusstsein zu erhalten.
Am 7. April 2020 wurde Arkan Hussein Khalaf in Celle ermordet. Wir wollen hier in Lüneburg einen Ort des Gedenkens schaffen. Um öffentlich auf den Mord aufmerksam zu machen und um zu erinnern und anzuklagen.
Wir rufen euch dazu auf, vom 14. bis 21. April 2020 am Mahnmal für die Opfer der Faschismus an der Lindenstraße euer Gedenken, eure Wut und Trauer, euer Erinnern, eure Anteilnahme sichtbar zu machen. Ihr könnt dort z.B. Blumen niederlegen, Kerzen entzünden, Texte, Gedichte oder Briefe an die Familie verlesen und aufhängen.
Was wir dort aber nicht möchten, sind größere und länger andauernde Menschenansammlungen. Angesichts der aktuellen Situation und aus Solidarität und für die Gesundheit aller haltet dort bitte Abstand!
Bitte dokumentiert eure Beiträge und lasst sie uns zukommen, damit wir sie sammeln und veröffentlichen können. Vielen Dank.
gefunden auf WIR GEDENKEN ARKAN