Das Gedenken schützen – NS-Verherrlichung stoppen!
Ein Auftreten der AfD verhindern!
In den letzten zwei Jahren konnte die AfD an den „offiziellen“ Veranstaltungen der Hansestadt Lüneburg anlässlich des „Volkstrauertages“ am „Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ ungestört teilnehmen. Am diesjährigen „Volkstrauertag“ soll gegen ein Auftreten der AfD am Lüneburger Mahnmal für die Opfer des Faschismus Stellung bezogen und gegen den Missbrauch des Gedenkens, die Verhöhnung der Opfer des Faschismus und einen gesellschaftlichen Rechtsruck Haltung gezeigt werden. Dafür rufen wir zur Teilnahme an der „offiziellen Gedenkveranstaltung“ der Hansestadt Lüneburg auf, um dort mahnend deutlich zu machen, dass aus dem Gedenken an die Opfer des Faschismus die Verpflichtung zum antifaschistischen Widerstand erwächst. Eine antifaschistische Kundgebung wurde von der Hansestadt Lüneburg untersagt. Infos, Hintergründe und aktuelle Entwicklungen finden sich unter dem Aufruf
Sonntag, 18. November 2018 – 12 Uhr
Mahnmal in der Lindenstraße – Lüneburg
Aktuelle Informationen I Aufruf I Hintergründe
Volkstrauertag abschaffen!
Gegen das Vergessen – Wir gedenken den Opfern, nicht den Tätern!
Der „Volkstrauertag“ soll der offizielle Gedenktag für die „Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ sein. Der Volkstrauertag wurde 1919 vom „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ als Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkriegs etabliert. 1934 wurde der Volkstrauertag von den Nationalsozialisten zum Staatsfeiertag erhoben und in “Heldengedenktag” umbenannt. Die an diesem Tag bis dahin ohnehin nur am Rande zelebrierte Trauer entfiel nun vollständig zu Gunsten der Heroisierung von Krieg und Opfertod. Nachdem der „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ 1945 zunächst von den Alliierten verboten wurde, konnte er seine Arbeit jedoch bereits nach einem Jahr wieder aufnehmen. Schon 1950 wurde der Volkstrauertag erstmals im Bundestag mit einer Feierstunde begangen und damit erneut in den Stand eines offiziellen Gedenktags erhoben. Seitdem wird bundesweit jedes Jahr an einem Sonntag im November den “Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft” gedacht.
Was zunächst ganz unverfänglich klingt, trug seit jeher eine geschichtsverfälschende und reaktionäre Komponente mit sich. Völlig unvoreingenommen würde mensch angesichts der deutschen Geschichte erwarten, dass an diesem Tag den Opfern des Nationalsozialismus gedacht werden müsste. Stattdessen standen aber jahrzehntelang die gefallenen Soldaten der Wehrmacht, die sog. „Vertriebenen“ und die Toten der alliierten Bombenangriffe im Zentrum des Gedenkens, diejenigen, die die NS-Vernichtungspolitik aktiv unterstützten oder zumindest bereitwillig duldeten. Spätestens seit Mitte der 1990er Jahre wandelte sich die am Volkstrauertag zelebrierte Erinnerungskultur. Erinnert wird nun auch an die Leidtragenden des Stalinismus sowie an die Mauertoten und verweist schließlich dann auch auf die Ermordeten der Konzentrations- und Vernichtungslager. Heute kommen noch die gefallenen Bundeswehrsoldaten und Opfer terroristischer Anschläge von islamistischer Fundamentalisten hinzu.
Diese neue Form des Gedenkens ist jedoch weniger Ausdruck einer offener, toleranter oder kritischer gewordenen Bundesrepublik. Sie ist lediglich die abgewandelte, modernisierte Version des selbstbezogenen Opferkultes. So verschwinden hinter der Aufzählung der verschiedenen realen oder eingebildeten Opfergruppen aus den unterschiedlichsten Zeitepochen nicht nur die Taten, sondern auch die Täter*innen sowie die jeweiligen Spezifika der Taten. Die gemeinsame Nennung der Opfer der Konzentrations- und Vernichtungslager sowie der gefallenen Wehrmachtsoldaten ist nichts weniger als die Weiterführung des Versuchs, die deutsche Geschichte zu normalisieren und den Zweiten Weltkrieg in einen gewöhnlichen Krieg umzudeuten, in dem es ausschließlich Opfer gab.
Der Volkstrauertag hat eine wechselvolle ambivalente Geschichte und hat dabei bis heute seine zentrale Funktion behalten: Wo wieder Kriege geführt werden, da braucht es einen Volkstrauertag, um den vergangenen Krieg zu verklären, ihm einen Sinn zu geben, den er nicht hat. Zugleich werden Kriege damit wieder als legal und zulässig erklärt. Der sogenannte „Volkstrauertag“ mit seinem auf den ersten Blick humanen und sogar pazifistischen Auftreten, bewirkt in Wirklichkeit genau das Gegenteil der proklamierten Werte. Denn die Ursachen von Krieg, Krieg als Machtinstrument, als perfideste Form von Vernichtung und Opfer und Täter, die es in jedem Krieg gibt, werden nicht benannt. Jeder Krieg wird hier so dargestellt, als bräche er über die Menschen herein, wie das Prinzip des Zufalls. Das Gedenken allen Opfern von Krieg und „Gewaltherrschaft“ hat nichts zu tun mit persönlicher Trauer um Tote, es ist die generelle Gleichsetzung von Opfern und Tätern als Leidtragende des angeblich Unvermeidlichen. Dieses hinter dem „Volkstrauertag“ stehende Konzept verschleiert absichtlich die Schuldfrage.
Umkämpfte Lindenstraße
In der Lüneburger Lindenstraße befindet sich das „Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“, welches 1990 eingeweiht wurde. Bis 2002 befand sich in unmittelbarer Nähe ein Obelisk, mit dem das Kampfgeschwader 26 der deutschen Luftwaffe geehrt wurde. Teile dieses Geschwaders nahmen als Teil der „Legion Condor“ an der Bombardierung Gernikas teil. Gegen die Verehrung der Mörder fanden von 1997 – 2001 verschiedene antifaschistische Kundgebungen in der Lindenstraße statt, die sich am Volkstrauertag auch gegen Treffen von Militaristen und Nazis am Ehrenmal des Kampfgeschwaders richteten. Nachdem der Obelisk immer wieder stark beschädigt wurde, wurde er abgebaut und auf ein Kasernengelände verbracht. Einige Jahre später begann die Hansestadt Lüneburg damit, in der Lindenstraße „offizielle“ Gedenkveranstaltungen am Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ durchzuführen. Vertreter*innen aus Stadtrat und Kirche hielten dort ihre Ansprache. In den letzten beiden Jahren nahmen an diesen Veranstaltungen auch Delegationen der AfD teil und legten Kränze nieder.
Im letzten Jahr legten die Rechten einen Kranz mit der Aufschrift „Für unsere gefallen deutschen Soldaten“ nieder. An einem Ort, der den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945 gewidmet ist, ehrt die AfD die Täter. Sie missbraucht somit diesen Ort und verhöhnt die Millionen Menschen, die von deutschen Soldaten ermordet worden sind: Jüdinnen und Juden, Roma und Sinti, die Zivilbevölkerungen der von Deutschland überfallenen Länder, Soldatinnen und Soldaten die sich in ihren Armeen sich dem Angriff Deutschlands entgegenstellten oder die Partisaninnen und Partisanen.
Kampf der AfD!
Die AfD hat an einer Veranstaltung am Ort des Gedenkens an die Opfer des Faschismus nichts zu suchen! Diese Partei will dort nicht gedenken und erinnern, sondern nutzt so eine Veranstaltung als Feigenblatt und gleichzeitig für einen Angriff auf die Erinnerungskultur in Deutschland. Wie alle Rechten sieht auch die AfD in der kritischen Aufarbeitung der deutschen Geschichte Vergangenheit nur ein Hindernis, zur nationalen Größe zurückzufinden, die man sich in diesen Kreisen wünscht. Im Grundsatzprogramm der AfD heißt es: “Die aktuelle Verengung der deutschen Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus ist zugunsten einer erweiterten Geschichtsbetrachtung aufzubrechen, die auch die positiven, identitätsstiftenden Aspekte deutscher Geschichte mit umfasst“. Was die AfD damit meint hat Björn Höcke in besonders widerwärtiger Form ausgedrückt, als er im Januar 2017 in seiner Rede in Dresden eine “erinnerungspolitische Wende” für Deutschland forderte und das Holocaustmahnmal in Berlin als „Denkmal der Schande“ bezeichnete.
Höcke ist in der AfD kein Einzelfall. So forderte Alexander Gauland, Fraktionsvorsitzender der AfD im Bundestag, einen Schlussstrich unter die Bewältigung der NS-Vergangenheit zu ziehen. Für ihn gebe es das Recht, “uns nicht nur unser Land, sondern auch unsere Vergangenheit zurückzuholen” und dass „die Deutschen“ wieder das Recht auf “Stolz” auf die Taten der Soldaten hätten. Für AfD-Chef Gauland ist dann die Zeit des deutschen Faschismus auch nur ein “Vogelschiss” in der deutschen Geschichte.
Erschreckend am 18. November 2017 war das Verhalten von Vertreter*innen der Ratsparteien und der Kirche, die sich – trotz Aufforderung – nicht zu dieser Verhöhnung der Opfer des Faschismus und dem Missbrauch des Mahnmals durch die AfD verhielten. Erfreulich an diesem Tag war nur, das der Kranz der AfD, kurz nach der Veranstaltung von beherzten Antifaschist*innen entfernt wurde.
Dagegenhalten!
Um in Zukunft solche Angriffe auf das Gedenken an die Opfer des deutschen Faschismus zu verhindern und das Mahnmal in der Lindenstraße zu schützen, rufen wir dazu auf, am 18. November 2018 dort in Gedenken an die Opfer von Faschismus und Krieg gegen weitere Auftritte der AfD zu protetieren!
Speziell der Volkstrauertag, welcher nicht nur für Lüneburger Nazis oder die AfD ein geeigneter Tag für die Verherrlichung der Täter von einst darstellt, soll in den Fokus gerückt werden und deutlich gemacht werden, inwiefern dieser Tag bis heute, 73 Jahre nach der Kapitulation, in der Tradition des Nationalsozialismus im postnazistischen Deutschland steht. Die Auseinandersetzung mit dem Tag im November soll aufzeigen, dass Verharmlosung, Verleugnung und Verdrängung seit 1945 die wichtigsten Triebkräfte der deutschen Gedenkpolitik darstellten und warum es die Aufgabe einer antifaschistischen Gesellschaftskritik ist, diese Entlastungsversuche – wie wir sie zur Zeit in Lüneburg auch bei der Auseinandersetzung um den Gedenkstein für die 110. Infanteriedivision und die Äußerungen des ehemaligen Bürgermeister Scharf sehen – abzuwehren .
Wir wollen am 18. November 2018 nicht nur gegen ein Auftreten der AfD am Mahnmal in der Lindenstraße protestieren, sondern gegen eine deutsche Gedenkpolitik, die die Opfer der deutschen Vernichtungspraxis verhöhnt, indem sie sie mit ihren Mördern in das gleiche Gedenken einbegreift.
Aus dem Gedenken an die Opfer des Faschismus erwächst unsere Verpflichtung zum antifaschistischen Widerstand !
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!
Sonntag, 18. November 2018:
- 11 Uhr – KZ-Friedhof im Tiergarten (Gedenkveranstaltung der VVN-BdA)
- 12 Uhr – Mahnmal für die Opfer des Faschismus – Lindenstraße
Donnerstag, 8. November 2018:
Erklärung der Antifaschistischen Aktion Lüneburg / Uelzen:
Hansestadt Lüneburg ermöglicht ein Auftreten der AfD und verhindert würdiges Gedenken an die Opfer von Faschismus und Krieg
Vor rund einem Jahr hatte die Antifaschistische Aktion / Lüneburg eine Kundgebung für den diesjährigen „Volkstrauertag“ bei der Hansestadt Lüneburg angezeigt. Mit dieser Veranstaltung sollte gegen die Teilnahme der rechten AfD an der „offiziellen Gedenkveranstaltung“ am Mahnmal für die „Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ und gegen die Verhöhnung der Opfer des Faschismus protestiert werden. Die antifaschistische Gedenkkundgebung stand unter dem Motto „Das Gedenken schützen – NS-Verherrlichung stoppen!“.
Nach knapp einem Jahr des Nichtstuns, hat die Hansestadt Lüneburg am heutigen Tag dem Anmelder der Versammlung eröffnet, dass er die angezeigte Versammlung nicht wie geplant durchführen darf. Eine zeitgleich stattfindende Veranstaltung der Hansestadt Lüneburg sei bevorrechtigt, da sie als „staatlicher Akt“ gelte. Für einen solchen „staatlichen Akt“ bedürfe es noch nicht mal eine ordnungsgemäße Anmeldung bei der Verwaltung, sondern kann einfach festgelegt werden und alle anderen Menschen müssten dann eben weichen.
Um diese sonderbare Sichtweise vorzutragen, lud die Hansestadt Lüneburg den Anmelder der antifaschistischen Kundgebung zu einem sogenannten „Kooperationsgespräch“ ein. In ungewöhnlich großer Runde tagte diese unkooperative Runde dann allerdings nur 5 Minuten. Für die Hansestadt Lüneburg nahmen neben zwei Mitarbeitern des Ordnungsamts, auch Rechtsamtsleiter Wolfgang Sorger und der Dezernent für Nachhaltigkeit, Sicherheit und Recht, Markus Moßmann, teil. Außerdem waren zwei Polizeibeamte anwesend. Markus Moßmann mutmaßte, dass Antifaschist*innen jetzt die Kranzniederlegung der Stadt Lüneburg „unfriedlich“ und „laut“ „stören“ werden. Die Polizei zeigte nur Interesse daran, was seitens der Antifa nun geplant sei. Da dies kein Geheimnis ist, konnte gleich angekündigt werden, dass mensch sich jetzt am „Staatsakt“ des Oberbürgermeisters beteiligen werde.
Ganz offensichtlich will die Hansestadt Lüneburg eine Gedenkveranstaltung unter Einbeziehung der AfD durchführen. Hier wird jetzt Antisemiten und Geschichtsrevisionisten eine Bühne bereitet und dies an einem Ort, wo eigentlich die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Mittelpunkt stehen sollten. An einem Mahnmal, welches für die AfD ein „Denkmal der Schande“ ist.
Vom Oberbürgermeister wäre zu erwarten gewesen, dass er an diesem Tag Haltung zeigt und der AfD die Teilnahme an der Veranstaltung verwehrt. Doch die Inhalte dieser Partei scheinen für ihn keine Rolle zu spielen und ein kollegiales Verhältnis zur AfD-Stadtratsfraktion wichtiger zu sein. Hier wird deutlich, dass von den Sonntagsreden Herrn Mädges nichts zu erwarten ist. Erst im September erklärte er vollmundig, dass es nötig geworden ist, sich „zu jeder sich bietenden Gelegenheit und überall in unserem Alltag deutlich zu machen, dass wir in der Tat mehr sind“ und „rechtsradikale Parolen“ und „rassistische Hetze“ abzulehnen. Knappe zwei Monate scheint dies vergessen zu sein. Wieder einmal müssen dann eben aktive Antifaschist*innen dies deutlich machen.
Am diesjährigen „Volkstrauertag“ soll gegen ein Auftreten der AfD am Lüneburger Mahnmal für die Opfer des Faschismus Stellung bezogen und gegen den Missbrauch des Gedenkens, die Verhöhnung der Opfer des Faschismus und einen gesellschaftlichen Rechtsruck Haltung gezeigt werden. Dafür rufen wir zur Teilnahme an der „offiziellen Gedenkveranstaltung“ der Hansestadt Lüneburg auf, um dort mahnend deutlich zu machen, dass aus dem Gedenken an die Opfer des Faschismus die Verpflichtung zum antifaschistischen Widerstand erwächst.
Wenn wir die deutsche Geschichte als Warnung sehen, ist jetzt der Moment, um sich entschlossen gegen die AfD zu stellen!
Hintergrundinfos:
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Wer sind die Veranstalter des sogenannten „Volkstrauertages“ – Ein Hintergrundbericht
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