Lucio UrtubiaLizenz: Public DomainQuelle: Foto: Sargoth
Lucio Urtubia ist in Paris gestorben. Der Tod des anarchistischen Maurers und Geldfälschers wurde an diesem Samstag (18.07.2020) bekannt. Unten die Mitteilung von Assoziation A, die die Übersetzung seiner Autobiographie unter dem Titel „Baustelle Revolution. Erinnerungen eines Anarchisten.“ herausgebracht haben. 2010 hatten wir mit der Alix Arnold über das faszinierende Buch und seinen Autoren gesprochen (s.u.). Ein toller Film über und mit ihm ist auch auf youtube zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=GG_HMCa2ud8
Die Welt bräuchte mehr Lucio Urtubias. Eine faszinierende Persönlichkeit ist gestorben….
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Beitrag vom 02.11.2010
Lucio Urtubia ist Sozialrebell, Geldfälscher, Bandit, moderner Robin Hood die Liste der Titel, mit denen Lucio Urtubia beehrt wurde, ist lang. Sein Leben, das wie ein Abenteuerroman klingt, ist ein Spiegel der revolutionären Bewegungen Europas in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Berliner Verlag Assoziation A ist nun seine Autobiographie erschienen unter dem Titel Baustelle Revolution. Erinnerungen eines Anarchisten. Wir sprachen mit der Kölner Übersetzerin Alix Arnold über das faszinierende Buch und seinen Autoren. 13:47
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Mitteilung von Assoziation A am 18.07.2020
Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
heute Mittag informierte uns seine Kölner Übersetzerin Alix Arnold, dass der baskische Anarchist und Meister der Expropriation – oder sagen wir: der revolutionären Umverteilung – Lucio Urtubia in Paris gestorben ist, wo er seit der Zeit seines Exils lebte und das sozio-kulturelle Zentrum Louise Michel im Stadtteil Belleville gründete und betrieb. Wir hatten die außerordentliche Freude und Ehre, seine Autobiografie unter dem treffenden Titel »Baustelle Revolution« in deutscher Sprache veröffentlichen zu dürfen, siehe:
https://www.assoziation-a.de/buch/Lucio
Sozialrebell, Geldfälscher, Bandit, moderner Robin Hood – die Liste der Titel, mit denen Lucio beehrt wurde, ist lang. Sein Leben, das wie ein Abenteuerroman klingt, ist zugleich ein Spiegel der revolutionären Bewegungen Europas in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Lucio Urtubia wird 1931 in einem kleinen Dorf in Navarra geboren und wächst unter ärmlichen Verhältnissen auf. Als er zum Militär eingezogen wird, desertiert er wenig später nach Frankreich, wo er fortan als Maurer arbeitet. Er bekommt Kontakt zu anarchistischen Gruppen und lernt seinen politischen Ziehvater kennen: den legendären Sabaté (https://de.wikipedia.org/wiki/Francesc_Sabat%C3%A9_Llopart), der von Frankreich aus den bewaffneten Widerstand gegen die Franco-Diktatur organisiert. Fälschen von Dokumenten, Verstecken von Untergrundkämpfern und illegale Geldbeschaffungsaktionen spielen fortan in seinem Leben eine nicht unerhebliche Rolle. Zahlreiche Widerstandsorganisationen, die in Frankreich eine Operationsbasis haben oder einen Rückzugsraum suchen, profitieren von seinen Fertigkeiten: Black Panthers, Tupamaros, europäische Guerillas. Jedem Akt der Revolte, der auf eine gerechtere Gesellschaftsordnung zielt, gilt Lucios Solidarität.
1962 schlägt er dem damaligen Leiter der Nationalbank Kubas, Che Guevara, vor, den Weltmarkt mit gefälschten Dollarnoten zu überschwemmen, um die US-amerikanische Wirtschaft zu destabilisieren. Der Vorschlag stößt auf kubanischer Seite auf wenig Gegenliebe, doch der Gedanke bleibt in Lucio lebendig. 1980 gelingt ihm sein größter Coup: Durch den Druck von Travellerschecks der Citibank im Wert von mehreren Millionen Dollar zwingt er die damals mächtigste Bank der Welt in die Knie.
Die Liste seiner Aktivitäten ist damit nicht erschöpft. Doch Lucio ist auch ein Meister der Konspiration, dem in seinem nicht gerade gesetzestreuen Leben das Kunststück gelingt, nur ein paar Monate im Gefängnis zu verbringen. Erst mit weit über 70 Jahren bricht er das Schweigen. Ein Buch über ihn erscheint, und ein Film wird gedreht, der mit deutschen Untertiteln in sieben Folgen auch bei YouTube zu sehen ist (https://www.youtube.com/watch?v=GG_HMCa2ud8). Schließlich veröffentlicht er seine Autobiografie, um selbst über sein Leben und die Motive seines Handelns Rechenschaft abzulegen. »Eine Bank zu berauben sei ihm eine Ehre« lautet dabei seine politische Grundüberzeugung.
Unvergessen bleibt auch die Anekdote während einer Buchvorstellung in der Hamburger Roten Flora: Angesichts der grafitti-übersäten Wände und des maroden Charmes des autonomen Zentrums meinte der auf sein Handwerk stolze Maurer: »Leute, so geht das doch nicht, dieses Gemäuer könnte eine Renovierung vertragen.«
Nun ist der »Zorro vasco« mit 89 Jahren nach einem erfüllten Leben in Paris gestorben. Die Rote Flora folgte einige Jahre nach seinem Besuch der Aufforderung, strich die Fassade und baute einen neuen Eingang, um das Gebäude für Besucher*innen zugänglicher zu machen. Lucio hätte es gefreut …
Mit herzlichen Grüßen
Theo Bruns & Rainer Wendling
Quelle https://rdl.de/beitrag/lucio-urtubia-maurer-anarchist-geldf%C3%A4lscher