Antifaschistisches Infoportal Lüneburg
Razzia gegen mutmaßliche rechte Terrorgruppe
Durchsuchung und Festnahme in Brockhöfe (Landkreis Uelzen)
Am morgen des 14. Februar 2020 fanden in insgesamt sechs Bundesländern Razzien bei Neonazis statt. Die Polizei durchsuchte bei 13 Personen die Wohnungen in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Eine der Durchsuchungen fand in Brockhöfe im Landkreis Uelzen statt.
An dem Einsatz beteiligten sich mehrere Spezialeinsatzkommandos, federführend war das Landeskriminalamt Baden-Württemberg.
Auf Anordnung der Bundesanwaltschaft wurden dann 12 Personen vorläufig
festgenommen. Unter den 12 der Beschuldigten befindet sich auch ein
Verwaltungsbeamter der Polizei NRW.
Bei den Männern hätten sich die Verdachtsmomente für die Bildung oder Unterstützung einer rechtsterroristischen Gruppe bestätigt. Sie sollen Anschläge auf Politiker*innen, Geflüchtete und Muslime geplant und diese unterstützt haben.
Sie sollen sich in Chatgruppen zusammengefunden und dort
gemeinsam kommuniziert haben. Es gab aber auch Telefonate und
persönliche Treffen in unterschiedlicher Besetzung. Als Kopf der Gruppe
gilt den Ermittlern Werner Somogyni aus dem Landkreis Augsburg. Er soll
die Treffen organisiert und koordiniert haben, teils unterstützt von dem
Mitbeschuldigten aus Brockhöfe. Mit drei weiteren Männern sollen sie ab
September 2019 die Kerngruppe der rechtsterroristischen Vereinigung
gebildet haben.
Deren geplanten Anschläge seien „noch nicht näher
konkretisiert“ gewesen, so die Bundesanwaltschaft. Angestrebt worden
seien aber „bürgerkriegsähnliche Zustände“. Ziel sei gewesen, die
Staatsordnung der Bundesrepublik „zu erschüttern und letztlich zu
überwinden“.
Neben den fünf Hauptbeschuldigten werden acht weitere
Neonazis als Unterstützer verdächtigt – darunter der Verwaltungsbeamte
der Polizei in Nordrhein-Westfalen, wohnhaft in Hamm. Diese Männer
sollen zugesagt haben, der Gruppe finanziell zu helfen, Waffen zu
beschaffen oder an Anschlägen mitzuwirken. In ihren Chats sollen sie
Fotos selbstgebauter Waffen ausgetauscht haben.
Laut Bundesanwaltschaft sollen die Durchsuchungen dazu gedient haben, die bestehenden „Verdachtsmomente zu objektivieren“. Insbesondere sollte geklärt werden, ob die Beschuldigten bereits über Waffen oder sonstige Gegenstände zur Anschlagsbegehung verfügen.
Bei den Durchsuchungen ist in Sachsen-Anhalt auch eine selbst gebaute „Slam“-Gun gefunden worden. Eine ähnliche Schusswaffe besaß auch der antisemitische Attentäter von Halle.
Nach den Durchsuchungen am Freitagmorgen beantragte die Bundesanwaltschaft die Verhängung von Haftbefehlen gegen 12 der 13 Beschuldigten.
Tony Ebel und die Durchsuchung in Brockhöfe:
In Brockhöfe-Bahnhof (Ortsteil von Wriedel) war Tony Ebel von der Razzia betroffen. Nach der Durchsuchung durch die Polizei, wurde er festgenommen. Der 39jährige lebt mit seiner Frau Daria Janine Ebel seit rund einem halben Jahr in Brockhöfe. Vorher lebten sie in Amelinghausen (Landkreis Lüneburg), wo sie im September 2014 auch heirateten.
Nach Beendigung der Polizeimaßnahme, die am frühen Morgen begann, tauchten mehrere Neonazis in Brockhöfe auf. Diese Personen, die mit Fahrzeugen aus den Landkreisen Lüneburg, Harburg sowie aus Hamburg anreisten, versammelten sich auf dem Grundstück der Familie Ebel und bedrohten Anwohner*innen und Pressevertreter*innen. Am Nachmittag verließen sie mit Frau Ebel und den beiden Kindern das Grundstück und verließen Brockhöfe.
Tony Ebel, der vor der Hochzeit Tony Richter
hieß, bewegt sich in der rassistischen Gruppierung „Freikorps
Heimatschutz“. Diese Gruppe von Neonazis ist in mehreren Bundesländern
vertreten und eher lose organisiert. Das „Freikorps Heimatschutz“ bzw.
„Freikorps Deutschland“ versteht sich selbst als „Patriotischer Club
Deutschland“ und hat in verschiedenen Bundesländern Untergliederungen,
die sich zumeist im Verborgenen treffen.
Das „Freikorps“ beschreibt
sich als Gruppe, in der ausschließlich Menschen Mitglied werden können,
„die nach den alten Werten leben und handeln“. In der
Selbstbeschreibung heißt es: „Die Mitglieder dieser Gruppe bereiten sich
auf den Tag vor, an dem es zu einem Krieg kommt und es um die
Verteidigung unserer Familien und dem Vaterland geht. Die BRD Verwaltung
sieht sich dafür ja nicht mehr zuständig.“
Die Gruppierung ist 2016 im Zuge der rassistischen Mobilisierung gegen Einwanderung und Geflüchtete entstanden. Aus ihrem rassistischen Wahn, das Deutschland vor dem Untergang stehen und es zu einem „Volkstod“ bzw. „großen Austausch“ kommen würde, leiten sie eine Gedankenwelt ab, dass sie sich in einem Krieg befinden würden und sich gegen Zuwanderung und die Regierungen wehren müssten.
Tony Ebel ist in den letzten Jahren in den Landkreisen Lüneburg und Uelzen nicht öffentlich in Erscheinung getreten, nahm aber an Treffen des „Freikorps Heimatschutz“ teil. In den letzten zwei Jahren ist die Gruppe in Lüneburg sichtbar geworden, sei es durch Aufkleber oder Personen mit entsprechenden Bekleidungsstücken. In den letzten Monaten soll es zudem kleinere Treffen bei den Ebels in Brockhöfe gegeben haben. Tony Ebel machte aus seiner Gruppenzugehörigkeit und seiner rassistischen Einstellung keinen Hehl, so trug er immer wieder Hemden und T-Shirts mit Aufdrucken der Gruppe.
Kontakte unterhält Tony Ebel auch zu Mitgliedern der AfD. So finden sich mehrere AfD-Mitglieder in der Freundesliste seiner Facebookseite.
Eine Recherche der Antifaschistischen Aktion Lüneburg / Uelzen
https://antifa-lg-ue.org/