Wie schlimm ist Covid wirklich?

Die Sicht eines schwedischen Arztes auf Covid-19

Ich bin praktizierender Arzt in Stockholm. Jeden Tag stellen mir Patienten Fragen zu Gesundheit, Diäten, Bewegung, Ergänzungsstoffen, Medikation. Es gibt sehr viel Fehlinformation im Internet, es ist leicht, den falschen Rat zu erhalten, und schwer zu sagen, was richtig und was falsch ist, wenn man nicht vertiefte wissenschaftliche Kenntnisse hat. Die Aufgabe meines Blogs Wissenschaftlich fundierte Informationen zu Gesundheit und Medizin (Health and medical information grounded in science) ist es, mitzuteilen, was die Wissenschaft wirklich sagt.

Ulf Martin hat die beiden Artikel von Sebastion Rushorth „Wie schlimm ist Covid wirklich?“ vom 4. August und „Wie bestimmt man Covid-Immunität am besten? vom 8. August zusammengefasst und übersetzt. Telepolis veröffentlicht den Beitrag, um zu einer vorurteilsfreien Diskussion beizutragen.

Wie schlimm ist Covid wirklich?

Ich schicke voraus, dass ich als Bürger in Schweden lebe, dass das Folgende rein anekdotisch ist und auf meiner Erfahrung als Arzt in der Notfallaufnahme eines großen Krankenhauses in Stockholm beruht. Wie viele Leser wissen, nimmt Schweden von allen Ländern vielleicht die entspannteste Haltung zur Covid-Pandemie ein. Im Gegensatz zu anderen Ländern ging Schweden nie in einen vollständigen Lockdown. Nichtlebenswichtige Geschäfte blieben geöffnet, die Leute sind weiter in Cafés und Restaurants gegangen, die Kinder weiter zur Schule, und nur sehr wenig Leute haben sich in der Öffentlichkeit mit Gesichtsmasken rumgeärgert.

Covid hat Stockholm Mitte März wie ein Sturm erwischt. An einem Tag habe ich Leute mit Blinddarmentzündung und Nierensteinen gesehen, die üblichen Fälle in einer Notaufnahme. Am nächsten Tag waren alle diese Patienten verschwunden und die einzigen, die ins Krankenhaus kamen, hatten Covid. Praktisch jeder, der getestet wurde, hatte Covid, egal was für ein Symptom sichtbar war. Jemand kam mit Nasenbluten und hatte Covid. Ein anderer kam mit Bauchschmerzen und hatte Covid.

Dann, nach einigen Monaten, waren all die Covidpatienten verschwunden. Jetzt sind es vier Monate nach dem Beginn der Pandemie und ich habe seit einem Monat nicht einen einzigen Covidpatienten mehr gesehen. Wenn ich jemanden teste, weil er hustet oder Fieber hat, dann kommt der Test immer negativ zurück.

Auf dem Höhepunkt vor drei Monaten starben am Tag hundert Menschen an Covid, in einem Land mit zehn Millionen Einwohnern. Wir sind nun bei ungefähr fünf Verstorbenen am Tag im ganzen Land und diese Zahl fällt weiter. Weil Menschen im allgemeinen drei Wochen nach einer Ansteckung versterben, bedeutet das, dass praktisch niemand mehr angesteckt wird. Wenn wir annehmen, dass ungefähr 0,5 Prozent der Angesteckten sterben (eine sehr großzügige Annahme, mehr dazu unten), dann heißt das, dass vor drei Wochen tausend Menschen angesteckt wurden, einer von zehntausend, eine verschwindend geringe Zahl. Man bedenke, das Risiko zu sterben, beträgt 1 zu 200, wenn man wirklich angesteckt wird. Und das war vor drei Wochen. Im Wesentlichen ist es mit Covid in Schweden aus und vorbei. Nach vier Monaten.

Insgesamt hat Covid weniger als 6000 Menschenleben gekostet, in einem Land mit zehn Millionen Einwohnern, einem Land, in dem jährlich 100.000 Menschen sterben. Bedenkt man, dass 70% der an Covid Verstorbenen über 80 Jahre alt waren, dann wären viele der 6000 in diesem Jahr sowieso gestorben. Das macht Covid zu einer kleinen Beule in seinem Effekt auf die Jahressterblichkeit.

Aus diesem Grund ist es unsinnig Covid mit anderen großen Pandemien wie der Spanischen Grippe von 1918 zu vergleichen. Damals starben mehrere zehn Millionen Menschen. Covid wird nie auch nur in die Nähe solcher Zahlen kommen. Und dennoch haben Länder ihre gesamte Wirtschaft heruntergefahren, die Kinder nicht mehr in die Schule geschickt und einen großen Anteil der Bevölkerung arbeitslos gemacht, um mit dieser Pandemie umzugehen.

Die Medien haben verlautbart, dass nur ein geringer Prozentsatz der Bevölkerung Antikörper habe und es daher unmöglich sei, dass sich Herdenimmunität entwickelt habe. Nun, wenn sich keine Herdenimmunität entwickelt hat, wo sind dann all die kranken Menschen? Warum ist die Ansteckungsrate so steil nach unten gegangen? In Anbetracht der Tatsache, dass die meisten Leute in Schweden inzwischen wieder normal leben, kein Social-Distancing praktizieren, keine Masken tragen, müsste es immer noch hohe Ansteckungsraten geben.

Wir machen Antikörpertests, weil es einfach und günstig ist. Antikörper sind allerdings nicht die Hauptabwehr des Körpers gegen Virusinfektionen. Das sind die T-Zellen. Jedoch sind T-Zellen schwieriger zu messen als Antikörper, weswegen wir das klinisch selten machen. Es ist ziemlich gut möglich, T-Zellen zu haben, die spezifisch für Covid sind und einen daher immun machen, ohne dass man Antikörper hat. Persönlich denke ich, ist es das, was passiert ist.

Jeder, der in meiner Notfallaufnahme hier arbeitet, hat einen Antikörpertest gemacht. Sehr wenige haben tatsächlich Antikörper, obwohl wir einer riesigen Zahl von Infizierten ausgesetzt waren. Und am Anfang der Pandemie trug noch niemand Schutzausrüstung, bevor wir bemerkt haben, wie verbreitet Covid ist.

Ich bestreite nicht, dass Covid schlimm für diejenigen ist, die schwer daran erkranken, oder für die Familien der Verstorbenen. Genauso, wie es schlimm ist für Familien von an Krebs, Influenza oder Rauschgiftüberdosis Verstorbenen. Aber die Größe der Reaktion in den meisten Gegenden der Welt außerhalb von Schweden steht in einem totalen Missverhältnis zur Größe der Gefahr.

Schweden hat, metaphorisch gesprochen, das Heftpflaster schnell abgerissen und ist mit der Pandemie in kurzer Zeit fertig geworden, während der Rest der Welt sich entschieden hat, das Heftpflaster langsam wegzupulen. Gegenwärtig heißt das, dass Schweden eine der höchsten Sterblichkeitsraten der Welt hat. Aber Covid ist in Schweden vorbei. Die Leute sind zu ihrem normalen Leben zurückgekehrt und kaum noch jemand wird angesteckt.

Ich bin bereit zu wetten, dass Länder, die einen vollständigen Shutdown gemacht haben, sehen werden, dass die Sterberaten hochschießen, wenn sie wieder aufmachen. Wenn das der Fall ist, dann ergibt es keinen Sinn, einen Shutdown zu machen, weil man am Ende mit derselben Zahl von Verstorbenen dasteht. Der vollständige Shutdown ergibt nur Sinn, wenn man bereit ist, diesen beizubehalten, bis ein Impfstoff verfügbar ist. Das kann Jahre dauern. Kein Land ist bereit, so lange zu warten.

Covid hat gegenwärtig weniger als 6000 Opfer gekostet. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Zahl über 7000 ansteigen wird. In einem durchschnittlichen Influenzajahr sterben in Schweden 700 Menschen an ihr. Heißt das, Covid ist zehnmal schlimmer als Influenza? Nein, denn Influenza gibt es seit Jahrhunderten, Covid ist vollkommen neu. In einem durchschnittlichen Influenzajahr haben die meisten Menschen schon eine gewisse Immunität, weil sie früher schon mal mit einem ähnlichen Stamm angesteckt oder weil sie geimpft waren. Es ist daher ohne weiteres möglich, sogar wahrscheinlich, dass die Fallsterblichkeit von Covid die gleiche wie für Influenza ist, oder ein wenig höher, und dass der Unterschied, den wir sehen, auf das vollständige Fehlen einer Immunität in der Bevölkerung am Beginn der Pandemie zurückgeht.

Diese Schlussfolgerung erklärt die schwedische Sterblichkeitsziffer. Wenn wir den Punkt erreicht haben, bei dem es praktisch keine aktive Infektion mehr in Schweden gibt, obwohl praktisch kein Social-Distancing mehr stattfindet, dann haben sich wenigstens 50% der Bevölkerung schon angesteckt und eine Immunität entwickelt, fünf Millionen Menschen. Das ist ein plausibler Wert, wenn wir annehmen, dass die Reproduktionszahl für das Virus zwei ist: Wenn jeder Infizierte zwei ansteckt, zwischen den Ansteckungen fünf Tage liegen und wir mit einem Infizierten im Land beginnen, dann erreicht man mehrere Millionen in nur vier Monaten. Wenn nur 6000 von fünf Millionen verstorben sind, dann ergibt das eine Infektionssterblichkeit von 0,12%, in etwa dieselbe wie bei der normalen Influenza, vor der niemand auch nur ein bisschen Angst hat, geschweige denn, dass wir unsere Gesellschaft deswegen lahm legen.

Wie bestimmt man Covid-Immunität am besten?

In „Wie schlimm ist Covid wirklich?“ habe ich geschrieben, dass sich der Körper hauptsächlich mit T-Zellen gegen Viren wehrt, und nicht mit Antikörpern, und dass wir einzig deswegen in der klinischen Praxis auf Antikörper testen, weil das einfacher und billiger ist. Ich habe außerdem die Hypothese gewagt, dass die Immunität in der Bevölkerung viel höher ausgeprägt ist, als man sie mit Antikörpern feststellen kann, weil viele Menschen ohne Antikörper covidspezifische T-Zellen haben. Diese Hypothese wird durch die aktuelle Forschung bestätigt.

Eine Studie, die beim Karolinska-Institut (an dem ich studiert habe) gemacht wurde, hat sich das Vorhandensein von Antikörper- und T-Zell-Immunität gegen Covid in der Stockholmer Bevölkerung angeguckt [Sekine et al., Robust T cell immunity …, Juni 2020]. Die Daten wurden im Mai erhoben. Den ersten Covid-Sterbefall in Schweden gab es Mitte März, so dass Covid zum Zeitpunkt der Studie schon zwei Monate lang gewütet hatte.

Die Studie wartet noch auf ihre Veröffentlichung. Sie wurde vom Karolinska-Institut, dem Schwedischen Forschungsrat und einigen privaten Stiftungen finanziert. Die Autoren berichten von keinen Interessenskonflikten.

Die Teilnehmer der Studie stammten aus fünf verschiedenen Kohorten, insgesamt 200 Personen.

Die erste Kohorte bestand aus genesenen Patienten mit einer milden Infektion. Die meisten von ihnen (78%) waren nicht so krank geworden, dass sie in ein Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Die wenigen, mit denen dies geschah, benötigten meistens nur einen Liter Sauerstoff. Dies war die mild erkrankte und genesene Kohorte.

Die zweite Kohorte war die schwer erkrankte und genesene Kohorte, die aus Patienten bestand, die so krank waren, dass sie größere Mengen an Sauerstoff und/oder mechanische Beatmung benötigten, aber wieder gesund wurden.

Die dritte Kohorte bestand aus Familienmitgliedern von Menschen aus der milde oder schwer erkrankten und genesenen Gruppe. Für diese Gruppe musste eine Person demselben Haushalt angehören wie das erkrankte Familienmitglied, aber nicht selbst mit Covid-19 diagnostiziert worden sein. Dieses war die Kohorte der dem Virus ausgesetzten Familienmitglieder.

Die vierte Kohorte bestand aus zufällig ausgewählten Blutspendern, die im Mai 2020 Blut gespendet hatten. Und die fünfte aus Blutspendern, die zwischen Juli und September 2019 gespendet hatten. Die fünfte Kohorte war eine Art Kontrollgruppe, da das Blut vor Beginn der Pandemie gesammelt worden war.

Obwohl jede der Kohorten für meinen Geschmack ein wenig klein ist, handelt es sich um eine interessante Zusammenstellung, die das Potenzial hat, einige wichtige Fragen zur Immunreaktion auf Covid und seiner Verbreitung zu diesem Zeitpunkt in Stockholm zu beantworten.

Und nun zum interessanten Teil, den Ergebnissen.

Beginnen wir mit den Blutspendern, die 2019 Blut gespendet haben. Sie wurden nicht auf Antikörper getestet. (Merkwürdig, ich hätte sie getestet, um einen Ausgangspunkt für die Rate falschpositiver Werte zu haben, aber es gab vielleicht einen technischen Grund, warum das nicht möglich war.) Sie wurden jedoch auf covidspezifische T-Zellen getestet. Es ist nicht überraschend, dass niemand in der Gruppe T-Zellen hatte (0 von 37).

Als nächstes gucken wir uns die Leute an, die von schweren Erkrankungen genesen waren. Von diesen hatten 100% Antikörper und 100% hatten T-Zellen (23 von 23). Das ergibt Sinn: Wer eine schwere Erkrankung hat, der hat eine starke Immunreaktion.

Und nun schauen wir uns die Leute an, die von milden Erkrankungen genesen waren. In dieser Gruppe hatten 87% Antikörper (27 von 31), während 97% T-Zellen hatten (30 von 31). Auch das ergibt Sinn: Eine symptomatische Erkrankung zeigt an, dass das Immunsystem bemerkt hat, dass eine Infektion stattgefunden hat, so dass es Anzeichen in Form von messbaren Antikörpern und/oder T-Zellen gibt.

Nun können wir uns die dem Virus ausgesetzten Familienmitglieder angucken. Dies war eine Gruppe von Menschen, die keine Anzeichen einer symptomatischen Erkrankung gezeigt haben. In dieser Gruppe hatten 60% Antikörper (17 von 28), während 93% T-Zellen hatten (26 von 28)! Das ist einigermaßen erstaunlich und zeigt zweierlei. Erstens, wer mit jemandem zusammengelebt hat, der Covid hatte, der war mit großer Wahrscheinlichkeit selber infiziert. Das ist auch dann der Fall, wenn es keine Symptome gibt und selbst in diesem Fall wird die Person höchstwahrscheinlich eine passende Immunantwort entwickelt haben. Zweitens, diese Immunantwort verursacht häufiger T-Zellen als Antikörper.

Zuletzt schauen wir uns die Blutspender aus dem Mai 2020 an. Es handelte sich um eine zufällige Auswahl, so dass wir nicht wissen, wie viele eine symptomatische Erkrankung hatten und wie viele vollkommen symptomlos zum Zeitpunkt der Blutabnahme waren. In dieser Gruppe hatten 13% Antikörper gegen Covid (4 von 31) und 29% T-Zellen (9 von 31). Das ist einigermaßen verwunderlich. Nun, die Erhebung war klein und die Kohorte ebenso, so dass die Konfidenzintervalle ziemlich weit sind. Trotzdem ist es bemerkenswert, dass doppelt so viele dieser zufällig ausgewählten Menschen T-Zellen aber keine Antikörper haben.

Dazu kommt, dass dies im Mai war, nach zwei Monaten Pandemie. Wenn 29% der Stockholmer Bevölkerung im Mai T-Zellen gehabt hat, dann ist es vernünftig anzunehmen, dass sich diese Zahl inzwischen, drei Monate später, mindestens verdoppelt hat. Damit ergibt sich eine sehr gute Erklärung dafür, warum die Covid-Sterberate in Schweden so stark gefallen ist: Wir haben mittlerweile den Punkt erreicht, wo wir Herdenimmunität haben. Dies ist eine spekulative Schlussfolgerung, die aber Sinn ergibt.

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es meines Wissens keine Studien, die direkt zeigen, dass Antikörper bzw. T-Zellen eine Immunität verschaffen. Trotzdem wissen wir aus der Erfahrung mit ansteckenden Krankheiten im allgemeinen, dass eine Antikörper- und/oder T-Zellen-Antwort normalerweise bedeutet, dass man vor einer zukünftigen Infektion geschützt ist. Mindestens für einige Zeit, häufig ein Leben lang.

Die Studie hat ihre Schwächen. Das Hauptproblem ist ihre geringe Größe. Es wäre von Vorteil, wenn eine ähnliche größere Studie gemacht werden könnte, um die Resultate zu bestätigen. Ein anderes Problem ist, dass die Studie noch nicht durch das Begutachtungsverfahren gegangen ist. Sie hat merklich raue Kanten. Der Text ist übermäßig technisch und ziemlich unorganisiert. Die Graphen sind schwer zu verstehen, wenn man nicht einige Zeit auf sie verwendet. Des Weiteren scheint es einige Fehler im Text zu geben, wie, dass die Zahl der Teilnehmer sich an verschiedenen Stellen unterscheidet, ohne dass dafür eine Erklärung geboten wird.

Trotzdem sind die Schlussfolgerungen aus der Studie sehr bedeutsam.

Erstens. Die Tatsache, dass eine signifikant größere Zahl von Teilnehmern T-Zellen statt Antikörper hat, bedeutet, dass wir auf den Anteil covidspezifischer T-Zellen schauen müssen, nicht auf den Anteil von Antikörpern, wenn wir die wahre Immunitätsrate in der Bevölkerung wissen wollen.

Zweitens. Wenn es stimmt, dass Schweden nunmehr die Herdenimmunität erreicht hat, dann ist es wahrscheinlich, dass andere Länder in den nächsten Monaten folgen werden. Falls dann irgendwann im nächsten Jahr, mit Glück, ein Impfstoff erscheint, dann wird es nicht mehr viele Menschen geben, die ihn tatsächlich noch brauchen.

Fragen und Antworten

Ausgewählt aus dem Forum.

PCR-Test
Frage von David Bailey. Was ist deine Meinung zu diesen PCR-Tests, die hier in Großbritannien Panik auslösen und Leute zurück in teilweise Lockdowns schicken, weil sie immer häufiger angewandt werden? Mir scheint, dass wenn diese positiven Tests irgendetwas Wichtiges bedeuten, dann müsste es eine steigende Zahl von Covid-19-Fällen zur Behandlung in den Krankenhäusern geben. Soweit ich verstehe, passiert das nicht. Ich wundere mich, ob diese Tests nicht falsch positive Resultate ergeben. Gab es einen Versuch, die falschpositive Rate zu prüfen?

Antwort von Sebastian Rushworth: Hi David! Soweit ich die Literatur kenne, haben die Tests eine hohe falsch negative Rate (weswegen wir Leute mit negativem Ergebnis nochmal testen, wenn wir annehmen, dass Covid wahrscheinlich ist), aber ziemlich wenig falsch positive. Trotzdem gebe ich nicht viel auf das, was der PCR-Test auf der gesellschaftlichen Ebene zeigt. Aus zwei Gründen. Erstens bleiben Menschen nach einer Infektion bis zu zwei Monate lang PCR-positiv, obwohl sie nicht mehr ansteckend sind. Ein positiver PCR-Test ist häufig Anzeichen einer alten Ansteckung, die vorbei ist. Zweitens hängt die Menge von Covid, die man findet, von der Testzahl ab, und die Testrate hat sich seit Beginn der Pandemie in den verschiedenen Ländern stark verändert. Es ist daher viel sinnvoller sich die Zahl der Verstorbenen anzugucken, anstatt die Zahl der Infektionen, da diese Zahl nicht von der Zahl der Tests abhängt und schwerer zu manipulieren ist.

Langzeitfolgen
Frage von Punkarn: Es gibt also keine Langzeitfolgen für die, die das Virus überleben? Das ist nicht das, was berichtet wird.

Antwort von Sebastian Rushworth: Die übergroße Mehrheit heilt ohne Folgen. Wenn man wirklich sehr krank wird und Wochen in der Intensivstation am Beatmungsgerät verbringt, dann gibt es eine große Zahl von Folgen, die man haben kann und die zumeist davon herrühren, dass man sich nicht bewegt (z.B. Muskelschwund, Lungenentzündung, Lungenembolien), und dadurch, dass Luft aktiv in die Lunge gepumpt, anstatt passiv eingesaugt wird. Das sind die gleichen Folgen, die jeder, der einige Zeit beatmet wird, erleben kann. Abgesehen davon wurde von Gefäßkomplikationen berichtet, wie Kawasaki bei Kindern und Herzinfarkt bei Erwachsenen, aber die sind alle sehr selten.

Antikörper und T-Zellen Frage von bearbig70: Danke für diese hoffnungsvolle Information. Hatte jeder, der Antikörper hat, auch T-Zellen?

Antwort von Sebastian Rushworth: So wie ich die Studie verstehe (und obwohl es nicht ausdrücklich im Text steht), hat jeder mit einer Antikörper-Antwort auch eine T-Zellantwort. Das ist auch logisch, denn T-Helferzellen müssen aktiviert werden, bevor B-Zellen (die Antikörper erzeugen) aktiviert werden.

Gasmaske
Frage von Mike C.: Ääh… ist das ein Witz? Das ist eine militärische Gasmaske, keine medizinische PPE… Und sie passt sehr schlecht, man sieht Lücken an den Seiten. (Auf dem Bild zu „Wie schlimm ist Covid wirklich?“ trägt der Autor besagte militärische Gasmaske. AdÜ.)

Antwort von Sebastian Rushworth: Hi Mike. In vielen schwedischen Krankenhäusern verwenden wir Gasmasken statt N95-Masken. Ihr Vorteil ist, dass man sie wiederverwenden kann, anstatt Hunderte von N95-Masken zu verbrauchen. Ich habe dieselbe Gasmaske die ganze Pandemie hindurch verwendet. Außerdem filtern Gasmasken kleine Teilchen wie Viren sehr viel besser als die N95. Das Foto wurde gemacht, als ich meine Gasmaske bekommen und bevor ich gesehen habe, dass ich die Plastikteile aus der Innenseite herausnehmen muss. (Sebastian Rushworth)

Quelle https://www.heise.de/tp/features/Wie-schlimm-ist-Covid-wirklich-4868723.html