Immer mehr Reichsbürger – Verfassungsschutz warnt vor Gefahr

Altmark. Sie sind unter uns. Und sie sind gefährlich, wie das Beispiel der vergangenen Woche zeigt. In Reuden (Burgenlandkreis) lieferte sich ein sogenannter „Reichsbürger“ einen Schusswechsel mit der Polizei.

Auch in der Altmark machen diese Leute, die den jetzigen Staat nicht anerkennen und aus der „BRD GmbH“ aussteigen, von sich Reden. Oft mit skurrilen Aktionen. Viele zahlen keine Steuern. Einige fallen durch eine schwarz-weiß-rote Kennung an ihren KfZ-Kennzeichen auf.

„Die Altmark ist für uns in dieser Beziehung ein Schwerpunkt“, sagt Jochen Hollmann, Leiter des Landesverfassungsschutzes. Die Behörde hat diese Gruppe seit längerem auf dem Schirm. Einige Beispiele: In Stendal ging unter anderem im Polizeirevier ein Schreiben mit der „Überschrift Weckruf an die Polizei“ ein. Der unbekannte Verfasser forderte: „Nehmt Euch selbst in die Verantwortung und prüft Euer Handeln mit Eurem Gewissen.“ Die E-Mail trug die Unterschrift „Die Deutschen Völker – Das Büro für Menschen“.

In Gardelegen fand im März 2015 eine Versammlung des „Freundeskreises Heimat und Recht“ mit 70 Teilnehmern – darunter zehn aus der rechtsextremistischen Szene – statt. Die Gruppe forderte die „Abschaffung des Herstellungsbeitrages II des Wasserverbandes Gardelegen“ und wandte sich gegen vermeintliche Machenschaften des Jobcenters. Auch im Stadtrat meldeten sie sich schon zu Wort. Im Bereich Arendsee macht eine „Samtgemeinde Alte Marck“ und in der Altmärkischen Höhe eine „Landgemeinde Wohlenberg/Kossebau“ von sich Reden.

Vor zwei Wochen befasste sich der Innenausschuss des Landtages mit dem Thema. „Reichsbürger versuchen, mit skurrilen Rechtsauffassungen in die Köpfe Gutgläubiger zu gelangen und suchen sich Alltagsprobleme, wie das Nichtbezahlen von GEZ-Gebühren aus“, berichtet Chris Schulenburg (CDU). Wenn ein „Reichsbürger“ seine Auffassungen im stillen Kämmerlein auslebt, habe der Staat kaum Handlungsmöglichkeiten. Anders sehe es aus, wenn derjenige seine Ideologien öffentlich verbreitet, zum Beispiel öffentliche Stellen anschreibt, weil er Bußgelder nicht bezahlen will. „Dann hilft nur die starke Faust des Rechtsstaates – Erzwingungshaft, Pfändung oder andere Zwangsmaßnahmen“, so der altmärkische Abgeordnete.

Wohin das letztlich führen kann, hat sich in Reuden gezeigt. Der Verfassungsschutz rät staatlichen Stellen daher, frühzeitig „schnell und konsequent einzuschreiten“. Bei manipulierten KfZ-Kennzeichen etwa, könne unverzüglich der Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen untersagt werden. Beleidigungen und Drohungen sollten sofort angezeigt werden. Diskussionen würden wenig bringen und der Schriftwechsel mit solchen Leuten sei auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Von Christian Wohlt