An einem Mini-Konzert des Neonazi-Barden „Eidstreu“ in Kakerbeck bei Kalbe nahmen am Nachmittag etwa 40 Personen teil. Offiziell war der Auftritt als Kundgebung gegen Kindesmissbrauch angemeldet worden.
Live-Konzert von Neonazi-Barden
Eine mächtige Eiche überragt den mit dürrem Gras bewachsenen Dorfplatz in Kalbe/Milde Ortsteil Kakerbeck. Um diese versammeln sich am Sonntagnachmittag überwiegend junge Leute aus dem neonazistischen Konzertmilieu, die voller Stolz ihre „Stahlgewitter“-Shirts trugen oder ihre „Landser“- und „Skrewdriver“ Tattoos zeigten. Sie kamen wegen des Auftritts eines ihrer lokalen Idole.
„Eidstreu“ nennt sich der Liedermacher, der sich an diesem Nachmittag nun als Hauptattraktion der Zusammenkunft in Szene setzt. Begleitet von seiner elektronischen Wandergitarre ist es ihm polizeilich gestattet vier Lieder ins Mikrophon zu singen. Denn die Vorbehalte der Beamten sind nicht unbegründet. Maik Sundermann, so der bürgerliche Name von „Eidstreu“ wurde beispielsweise laut Informationen der Mobilen Opferberatung Sachsen-Anhalt im Mai 2018 wegen eines gewalttätigen, rassistisch motivierten Angriffs 2016 in Calbe (Saale) verurteilt. Der „Liedermacher“ aus Magdeburg und weitere Rechte hatte in einer Regionalbahn einen dunkelhäutigen Fahrgast zunächst beleidigt und dann tätlich angegriffen. Darüber hinaus steht Sundermann auch mit seinem Musikprojekt „Eidstreu“ unter Beobachtung. Der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt zählt ihn in seinem Bericht 2017 als einen von vier rechtsextremen Liedermachern des Landes auf.
Versammlungsanmeldung ermöglichte Auftritt
Der Auftritt in Kakerbeck war in eine politische Kundgebung gegen Kindesmissbrauch integriert worden, die zwar offiziell angemeldet, aber nur szeneintern beworben wurde. Als Versammlungsleiter trat ein langjähriger Akteur der rechten Szene Niedersachsens auf, welcher seit spätestens 2016 im Raum Magdeburg wohnt. In seiner Einleitungsrede empörte sich der Mann in vorsichtig formulierten Sätzen über Kindesmissbrauch und forderte härtere Strafen für die überführten Täter. Auch seine Frau, welche als zweite Rednerin vor dem Publikum auftrat, sprach im Sinne ihres Mannes. Beide würden sich im Internet auf der Suche nach Beweisen für Kindesmissbrauch machen, um die „Kinderschänder an die Machete“ zu liefern. Eine dritte Rednerin aus Berlin forderte schließlich „den Galgen“ für Sexualstraftäter.
Gerichtsfall aus dem Ort war Anlass
Willkommener Anlass für die Aktivitäten des neonazistischen Milieus in Kakerbeck war die Verurteilung eines 32 Jährigen aus dem Ort. Der Mann hatte seine 9 Jährige Tochter intim berührt und Fotos von ihr auf einem Messenger verbreitet. Das Landgericht Stendal verurteilte den Täter vor Kurzem zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis. Zu wenig, wie offenbar nicht nur das Neonazi-Milieu empfand.
Bereits in der vergangenen Woche hatte es in Kakerbeck eine Kundgebung gegeben. Laut Versammlungsbehörde sollen sich daran 90 Menschen, viele davon aus dem Dorf, aber eben auch angereiste Neonazis, beteiligt haben.
Heute blieben Leute aus dem Ort der Kundgebung weitgehend fern. Stattdessen reisten vor allem Angehörige des neonazistischen Milieus aus Sachsen-Anhalt an. Aus Brandenburg reisten außerdem Akteure der extrem rechten Vereinigung „Bürgerbündnis Havelland“ an. Weitere Einzelpersonen stammten aus Niedersachsen und Berlin. Insgesamt zog die „Kundgebung“ 40 Teilnehmende.
Gegen die Neonazi-Zusammenkunft protestierte heute auch eine kleine Gruppe Aktivisten, welche befürchteten, dass sich aus Kakerbeck ein zweites „Insel“ entwickeln könnte. In Stendal OT Insel demonstrierten Anfang der 2010er Jahre Neonazis und Dorfbewohner gemeinsam gegen zwei aus der Haft entlassene und im Ort untergebrachte Sexualstraftäter.
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