In beiden Behörden der Kreisverwaltung herrscht eine unfreundliche und repressive Atmosphäre. Menschen, die dort Anträge stellen müssen, werden als BittstellerInnen behandelt und bekommen zu spüren, dass sie unerwünscht sind. Alle gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen werden fast ausschließlich gegen die Interessen der Flüchtlinge gewendet. Die in diesen Behörden arbeitenden Personen berufen sich regelmäßig auf ihren dienstlichen Auftrag, den sie unabhängig von ihrer persönlichen Meinung zu erfüllen hätten. Häufig kommt aber der Eindruck auf, sie handelten auch aus persönlichem Ehrgeiz, um den Flüchtlingen das Leben möglichst schwer zu machen. Sie arbeiten mit Halbwahrheiten, Behauptungen und Lügen.
Viele Flüchtlinge, die nur noch einen sogenannten „Duldungs“-Status haben, also gemäß den aktuellen Aufenthaltsbestimmungen grundsätzlich abgeschoben werden könnten, bekommen immer wieder lediglich eine siebentägige Befristung dieser Duldung, manchmal sogar kürzer. Damit werden sie gezwungen, sich mindestens jede Woche bei der Ausländerbehörde (AB) zu melden und dort um eine weitere Verlängerung anzustehen. Diese Prozedur soll bei den Flüchtlingen ständige Unsicherheit erzeugen.
Außerdem versucht die AB, ein sogenanntes „Untertauchen“ von Flüchtlingen zu konstruieren, falls sie sich z. B. erst einen Tag nach dem Ablaufen der letzten Duldungsbescheinigung melden. Falls sie sich einen Tag zu früh melden, wird die Duldung nicht verlängert, sie werden auf den nächsten Tag verwiesen.
Mit der Konstruktion des „Untertauchens“ behauptet die AB, dass die entsprechenden Flüchtlinge ihre Abschiebung „absichtlich vereiteln“. Diese Behauptung wird umgehend dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als Tatsache gemeldet, das daraufhin die „Überstellungsfrist“ der Flüchtlinge von sechs auf 18 Monate verlängern kann, und dies auch regelmäßig tut, ohne weitere Informationen einzuholen, also z. B. bei den Betroffenen selber nachzufragen.
Bei der „Überstellungsfrist“ handelt es sich um den Zeitraum, in dem die BRD-Behörden Flüchtlinge in das Land abschieben können, wo sie sich auf ihrer Flucht (Nachweis vor allem über die EU-weite Fingerabdruck-Datenbank) zuerst in der EU aufgehalten haben. Gelingt diese Abschiebung den BRD-Behörden nicht innerhalb von sechs Monaten und kann dieses Versagen auch nicht den Betroffenen angelastet werden (wenn z.B. eine angekündigte Abschiebung an einer Blockade gescheitert ist), dann können solche Flüchtlinge einen Asylantrag in der BRD stellen. Falls dieses Verfahren negativ ausgeht, können sie dann nicht mehr in ein anderes europäisches Land abgeschoben werden, sondern nur noch in ihr Herkunftsland. Das ist allerdings z. B. aufgrund fehlender Pässe häufig kompliziert.
Genau deshalb versucht die AB Salzwedel regelmäßig, eine juristische Verantwortlichkeit der Flüchtlinge für gescheiterte Abschiebungen zu konstruieren, um dadurch 12 Monate mehr Zeit für weitere Abschiebeversuche in andere europäische Länder zu gewinnen.
Die AB spricht diese Abschiebungen bzw Abschiebeversuche mit dem BAMF ab und organisiert sie zusammen mit dem „Zentralen Rückführungsmanagment“ des Landes Sachsen-Anhalt. Die am Ende in Marsch gesetzte Polizei erscheint vorzugsweise nachts oder in den frühen Morgenstunden, um die Menschen abzuholen.
Die AB versucht, ihre Konstruktion des „Untertauchens“ auch darüber abzusichern, dass sie in die jeweiligen Duldungspapiere einträgt, die Inhaberinnen dieser Bescheinigung seien „zur Wohnsitznahme“ in der Gemeinschaftsunterkunft (GU) xy „verpflichtet“ und der Aufenthalt sei „auf den Altmarkkreis Salzwedel“ beschränkt.
Werden Flüchtlinge z. B. bei einem nicht angekündigten Abschiebeversuch nicht an ihrem Wohnsitz angetroffen, behauptet die AB sofort: „untergetaucht“. Obwohl die Wohnsitzauflage nicht bedeuten kann, dass die Flüchtlinge 24 Stunden am Tag in ihren Wohnungen auf ihre Abschiebung warten müssen.
Deshalb hat sich die AB eine weitere Konstruktion ausgedacht: Wer die GU verlässt, muss dies bekanntgeben. Es ist unklar, bei welcher Behörde eine Abwesenheit bekanntgegeben werden soll und ob das für jeden Einkauf beim Aldi gilt. Diese Konstruktion ist dazu da, um weitere „Belege“ für das „Untertauchen“ zu finden.
Die anfangs beschriebene Praxis der kurzen Befristungen der Duldungsausweise hat weitere Gründe und negative Konsequenzen: Die Flüchtlinge erhalten nur für genau den jeweiligen Duldungszeitraum ihre Sozialhilfe. Nach erfolgreicher Verlängerung der Duldung bei der AB geht es also zum Sozialamt. Die Öffnungszeiten beider Behörden sind nicht identisch, so dass immer wieder Flüchtlinge mehrere Tage ohne Geld dastehen. Es besteht Arbeitsverbot.
Es gibt auch Fälle, in denen Flüchtlinge mit einer Duldung für einen gesamten Monat beim Sozialamt lediglich Geld für zwei Wochen bekommen. Nach zwei Wochen dürfen sie wieder anstehen. Abgesehen vom erniedrigenden Charakter dieser Behandlung ist zu vermuten, dass das Sozialamt nicht Gefahr laufen möchte, für einen zu langen Zeitraum im Voraus Geld auszuzahlen, denn die Abschiebung kann ja täglich erfolgen.
Sobald es nach den Bestimmungen irgendwie möglich ist, werden die Sozialleistungen für die Flüchtlinge von ca 320 Euro/Monat auf ca 165 Euro gekürzt. Auch in Zweifelsfällen gilt: wir entscheiden gegen die Flüchtlinge. Proteste werden ignoriert, schriftlicher Widerspruch nicht beantwortet.