Osterburg. Hasserfüllte Botschaften im Internet gegen alles und jeden, beleidigende Schmierereien an Hauswänden allein gegen seine Person, und mittlerweile treffen im Rathaus Päckchen mit Waren ein, die er nie bestellen würde.
Die Flüchtlingskrise habe auch sein Leben ein Stück weit verändert. „Ich deute alle diese Dinge schon als Reaktion auf meine Einstellung zum Thema“, so Nico Schulz. Vor gut einem Jahr sei das Klima sogar regelrecht vergiftet gewesen. „Viele Bürger waren verunsichert“, erinnerte sich der Bürgermeister der Einheitsgemeinde Osterburg beim „Forum Europa“ (die AZ berichtete), bei dem Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht und Stendals Landrat Carsten Wulfänger (alle CDU) mit in der ersten Reihe saßen.
Die Situation habe sich damals schnell entspannt. „Es gab emotionale Bürgerversammlungen, sicherlich. Doch die Querköpfe haben auch dort kein Oberwasser bekommen“, meint Schulz. Mussten die Verantwortlichen anfangs tatsächlich ob der Aufrufe im Internet zur Gewalt mit dem Schlimmsten rechnen, schlug ihnen nun eine Welle der Hilfsbereitschaft entgegen. Es trafen unzählige Spenden ein, Familienpaten waren schnell gefunden, Deutschkurse belegt. Der Bürgermeister nennt Rainer Moser und eine Fahrradwerkstatt, in der Flüchtlinge regelmäßig werkeln können, als Beispiel. „Das ist gelebte Integration.“
Politik und Verwaltung rechneten mit 200 Menschen. „Diese Zahl haben wir bei Weitem nicht erreicht.“ Aktuelle leben 114 Flüchtlinge in der Einheitsgemeinde, davon 86 in der Kernstadt und 28 in Walsleben. Zwei Drittel dieser Leute stammen aus Syrien, der Rest aus Afghanistan. „Erste Familien verlassen bereits wieder Osterburg und ziehen woanders hin. Das ist bedauerlich, da es sich dabei meine Meinung nach um die Integrationsfähigsten handelt“, sagt Schulz bei der Veranstaltung, die vom Land Sachsen-Anhalt gefördert wird.
Von Marco Hertzfeld
gefunden: http://www.az-online.de/altmark/osterburg/hass-gegen-fluechtlinge-osterburger-buergermeister-sieht-sich-bedroht-6424447.html 23.05.2016