Angeblich moralisch konflikthaltig
tl Lüchow. Es kommt nicht oft vor, dass die Verwaltungsspitze des Landkreises einer Ausstellungsidee für die Reihe Kunst und Kultur im Kreishaus eine Absage erteilt. Vor Kurzem gab es dann aber doch ein „Nein“ – betroffen: die Ausstellung von „ZuFlucht Lüchow“, in der junge Männer ihre Geschichte erzählen und fragen, warum es so schwierig ist, mit ihrer im Ausland erworbenen Qualifikation und ihrer Arbeitserfahrung, die zum Teil 14-Stunden-Tage beinhalte, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen (EJZ berichtete).
Das war der Verwaltungsspitze nach Aussagen von Sprecherin Catharina Schneidenbach nicht etwa zu politisch. Die Leitung habe schlichtweg moralische Bedenken gegen diese Ausstellung. Wörtlich: „Jedoch werden in Zusammenhang mit der Ausstellung gesetzliche Vorgaben und Handlungsabfolgen als hinderlich dargestellt. Die Kreisverwaltung ist als Teil der Exekutive allerdings verpflichtet, diese Vorschriften anzuwenden und umzusetzen. Die Ausstellung steht damit teils im Widerspruch zur Amtshandlung“, erklärt Schneidenbach.
Enttäuschung bei ZuFlucht Lüchow. „Wie kann das angehen, dass das Benennen der Realität schon zuviel Kritik am Gesetz ist und die Verwaltung in ihrer Arbeit blockieren könnte?“, fragt Uta Müller, die sich bei ZuFlucht Lüchow engagiert und die Ausstellung, die derzeit in den Räumen des Flüchtlingstreffs am Busbahnhof der Kreisstadt zu sehen ist, betreut. Die Verwaltung argumentiert: „Die engagierten Mitarbeiter, die in diesem Aufgabenbereich tätig sind – und dies oft unter nicht ganz einfachen Bedingungen -, sähen sich mit der Situation konfrontiert, dass ihre Arbeit im Haus ihres Arbeitgebers durch die Ausstellung grundsätzlich infrage gestellt und kritisiert würde“, erklärt Schneidenbach. „Eine solche moralisch konflikthaltige Situation möchten wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Fachdiensten Ordnung und Wirtschaftliche Hilfen ersparen. Hier kommt die Fürsorgepflicht zum Tragen, die der Landkreis als Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeitern auszuüben hat.“
Dennoch habe man für die Situation der jungen Männer, die in der Ausstellung betont wird, Verständnis: „Diese Ausstellung wird von hier aus grundsätzlich positiv gesehen und gewürdigt. Denn sie veranschaulicht die nicht einfache Lebenssituation dieser jungen Männer. Deren Wunsch, schnellstmöglich arbeiten zu können, wird von der Kreisverwaltung ausdrücklich als ein sehr löbliches und vorbildliches Verhalten angesehen“, betont Schneidenbach. Auch das Engagement der Mitarbeiter von ZuFlucht Lüchow werde positiv bewertet: als „wichtiger Beitrag zur Integration und zum wechselseitigen Verständnis“. Und dennoch schied die Ausstellung aufgrund moralischer Bedenken aus. „Dass wir Ausstellungen, die uns angeboten werden, ablehnen, ist die Ausnahme. Es sei denn, der Belegungskalender oder zu hohe Kosten, zum Beispiel für die Versicherung, sprechen dagegen.“ Aufgrund moralischer Bedenken sei in den elf Jahren dieser Ausstellungsreihe im Kreishaus bisher nur eine weitere Ausstellung abgelehnt worden – sie hatte einen ähnlichen Inhalt wie die jetzige von ZuFlucht Lüchow.
gefunden: ejz (14.07.2016)