Kurz vor Beginn der Kulturellen Landpartie hat der Staatsschutz angefangen, linke Aktivist*innen im Landkreis zu bedrängen. Seit Montag wird insbesondere eine junge Frau verfolgt. In der Innenstadt Lüchows wurde unsere Freundin in einem Geschäft von Staatsschützern angesprochen; dann eröffneten sie ihr vor mithörender Kundschaft dass sie eine Person suchen, gegen die strafrechtliche Vorwürfe erhoben sind, und ihre Person zum Täterprofil passe. Der Tatvorwurf bestünde aus einer Beleidigung einer Person als „Scheiß Nazi“. Die Tat sei am 20.04. begangen worden.
Am nächsten Morgen erhielt unsere Freundin einen Anruf von den Staatsschützern in welchem sie zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung am selben Mittag aufs Polizeipräsidium eingeladen wurde. Bei einer solchen Behandlung werden zumeist Abdrücke von Fingern und Händen, Photographien von Tätowierungen, Ganzkörperaufnahmen und Porträts gemacht, gerne auch Vermessungen des Körpers. Nachdem unsere Freundin auf die übliche schriftliche Vorladung bestanden hatte, kamen die Beamten persönlich vorbei um diese im Briefkasten einwerfen zu können. Die Behandlung hätte 2 Stunden später stattfinden sollen. Ob die Beschuldigte zu diesem Zeitpunkt überhaupt zuhause gewesen ist oder den Termin hätte wahrnehmen können, war für die Aktion wohl unerheblich. Schon am Telefon wurde unserer Freundin gesagt, man wisse ja nun, wo sie wohne.
Eine Person derart zu kriminalisieren aufrgund einer angeblichen, simplen Beleidigung erscheint uns als eine völlig unverhältnismäßige Maßnahme und damit als Versuch der Einschüchterung und Bespitzelung linker Aktivist*innen im Landkreis. Wie schon in den letzten Jahren zur Kulturellen Landpartie kommt es somit auch dieses Jahr wieder zu Angriffen auf die linke Szene, die letztlich politisch motiviert sind und nicht der Logik der Strafverfolgung entsprechen. Oft werden Beleidungen mangels öffentlichen Interesses einfach unter Privatklagen abgewickelt, doch hier warten zwei Staatschutzbeamte in der Innenstadt Lüchows um zufällig der Person zu begegenen, die zum Täterprofil passt – das allein ist schon ein zeitlicher Aufwand der der Verhätlnismäßigkeit nach nicht zum Tatvorwurf passen kann. Ein ähnlich überzogen-übereifriges Vorgehen haben wir auch im Bezug auf das kommende Fusion-Festival in Mecklenburg-Vorpommern beobachten können. Dort musste die zuständige Polizeiführung aufgrund bundesweiter Debatten und massiver Kritik nun gänzlich zurückrudern. Auch die letzten Polizeiskandale in Hessen um den „NSU 2.0“ und rechtsextreme Netzwerke innerhalb des Polizeiapparates belegen immer wieder, dass es innerhalb der deutschen Polizei ein massives Problem mit politisch rechts motivierten Beamten gibt und ein unverhältnismäßiges Verständnis für rechte Gesinnungen. Solche Tendenzen sind uns auch beim Staatschutz im Landkreis seit Jahren bekannt.
Gegen die Anordnung der völlig unverhältnismäßigen ED-Behandlung unserer Freundin haben wir anwaltlichen Beistand organisiert. Ein Gericht wird nun über den Einspruch gegen die Maßnahme entscheiden müssen. Wir verstehen den Angriff auf die junge Linke als einen Angriff auf uns alle und werden uns dagegen zur Wehr setzen. Im Verlauf der juristischen Auseinandersetzung werden uns nicht unerhebliche Kosten entstehen. Auch das ist der Zweck solcher politischer Angriffe auf die linke Szene durch den polizeilichen Staatsschutz. Wir erinnern an die Hausdurchsuchung im Gasthof Meuchefitz im Februar 2018, nur, um ein Transparent von einem Balkon zu entfernen. Das von vornherein konstruierte Verfahren ist in der Zwischenzeit komplett eingestellt worden. Durch den phantastischen Verdacht der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Organisation hatten die Behörden zuvor dennoch die Möglichkeit, umfassend etwa private Kommunikation eines nicht zu überblickenden Personenkreises mitzuschneiden und auch sonst in der Privatsphäre von Menschen herumzuschnüffeln. Trotz der Einstellung solch überzogener Verfahren bleiben wir im Endeffekt auf dem finanziellen sowie organisatorischem Aufwand sitzen den es braucht, um einen solchen Angriff abzuwehren. Die Verfolgung unserer Freundin ist für uns ein weiterer Angriff auf linke Strukturen im Landkreis Lüchow-Dannenberg.
Wir fordern die kritische Öffentlichkeit auf, dieses politisch motivierte polizeiliche Vorgehen nicht hinzunehmen.
(Pressemitteilung via Mail zugespielt)