Protest-Aktion

Lüchow/Dannenberg. Eigentlich sollte auf dem Straßenschild in Lüchows Innenstadt „Bleichwiese“ stehen. Doch davon ist nur noch das „B“ zu lesen. Der Rest ist überklebt, mit rosafarbenen Papier, auf dem „Sakine Cansiz“ steht. Der Name einer 2013 ermordeten Symbolfigur der kurdischen Frauenrechtsbewegung. Eine „Kämpferin für eine gleichberechtigte Welt“ heißt es in einem Schreiben, das regennass und schmutzig am Fuß des Straßenschildes liegt.

Das gleiche Schreiben ging bei der EJZ-Redaktion ein, weitere Zettel fanden sich an Straßenschildern, die jetzt auch Namen von Frauenrechtlerinnen, von „Opfern von Feminizid“, aber auch von „Prinzipien der Geschlechtergerechtigkeit“ tragen, wie es in dem Schreiben weiter heißt, sowie am Lüchower Stones-Fan-Museum und an einem der NPD-Häuser in Dannenberg.

„Tag gegen Gewalt an Frauen & neues Aufleben faschistischer Bewegungen“ ist das Papier überschrieben. In dem anonymen Schreiben heißt es, dass „Gewalt gegen Frauen noch immer zum selbstverständlichen Kern unserer Kultur“ gehöre, dass „häusliche Gewalt (…) jeden zweiten Tag in Deutschland zum Tod einer Frau“ führe und dass der Unterschied zwischen solchen Taten, die von Deutschen begangen werden und dann „verharmlosend als Familiendrama“ bezeichnet würden, und Taten, die von Menschen mit Migrationshintergrund begangen würden und dann als „Ehrenmorde“ Schlagzeilen machen, „zu großen Teilen Projektion“ seien, da auch „weiße deutsche Männer schlagen, grabschen, vergewaltigen und töten aus Gefühlen gekränkter Ehre, verletzten Stolzes, gefürchteter Unterlegenheit oder dem Verlust emotionaler und sexueller Ansprüche an Mädchen und Frauen“.

Auch von einem „patriarchalen Geschlechterarragement und der darin enthaltenen Rollenverteilung“ zu Ungunsten der Frauen ist die Rede, und davon, dass „das männliche Geschlecht in seiner historisch bedeutsamsten Krise“ stecke, da den Männern heute „Frauen auf Augenhöhe“ begegneten oder „in formal gleichberechtigter Weise“, was „vielfach als Demütigung und Unterdrückung empfunden“ werde.

Das Schreiben enthält zudem Angriffe gegen die von den Verfassern als „faschistisch“ bezeichnete AfD und ihr Umfeld: „Wenn AfD-Anhänger_innen erklärtermaßen den Vorhang des Schweigens über die in unserer Gesellschaft vor sich gehende frauenfeindliche Gewalt hängen, Feminismus und Gleichberechtigung zurückdrängen wollen, aber anlässlich der Kölner Silvesternacht einen halben Volksaufstand anzetteln, ist klar, dass ihnen sexuelle Gewalt und Frauenrechte scheißegal sind.“ Ihre Wut ob der Geschehnisse in Köln, wo es Silvester 2015 zu fast 500 polizeilich erfassten sexuellen Übergriffen vornehmlich junger Migranten auf Frauen und Mädchen kam, gelte „den aus Nordafrika stammenden Männern, die tun, was sich die deutsche Volksseele heimlich wünscht, aber nur heimlich in den Schlafzimmern und Wohnungen auslebt“, heißt es in dem Schreiben. Angefügt ist ein Absatz zu den Häusern in der Innenstadt von Dannenberg, die ein Geschäftsmann der NPD vermacht hatte. Eines davon war zeitgleich mit dem Überkleben der Straßenschilder in Lüchow, Dannenberg und Clenze mit Farbe beschmiert worden, da „der geplante Verkaufserlös (…) Neonazistrukturen in Deutschland zugute“ komme und „rechtsextreme Bewegungen und Strukturen“ unterstütze.

Bei der Polizei liegen keine Anzeigen wegen Sachbeschädigung vor, sagt Sprecherin Antje Freudenberg. Bekannt sei nur eine Schmiererei am Lüchower Stones-Fan-Museum. Das Museum ist Frauenrechtlern ein Dorn im Auge, weil dort auf dem Herren-WC Pissoire in Form eines angeblich weiblichen Mundes installiert sind.

gefunden auf:
http://www.ejz.de/ejz_50_111426741-28-_Protest-Aktion-von-mutmalichen-Frauenrechts-Aktivisten-in-Lchow-Dannenberg-und-Clenze.html?archiv=1