bp Lüchow. Dass an einer Lüchow-Dannenberger Schule ein Lehrer arbeitet, der zu der losen Gruppe der rechtsextremen Völkischen Siedler gehören soll, ist bekannt (EJZ berichtete). Die EJZ hatte allerdings den Namen des Mannes, seinen Wohnort im Landkreis Uelzen und die Schule, an der er unterrichtet, nicht genannt. Daran wird sich auch nichts ändern (siehe „Ihre EJZ heute“). Die linke Berliner Tageszeitung taz hat sich teilweise anders entschieden und im September unter der Überschrift „Nazis tanzen in der Scheune“ den vollen Namen des Lehrers, seinen Wohnort und weitere Details genannt. Dagegen haben der Mann und seine Ehefrau geklagt – ohne Erfolg.
Im Abschnitt zum klagenden Ehepaar heißt es in dem Beitrag, es habe „einen Stammbaum im Wohnzimmer. Das weibliche Oberhaupt, X, wacht darüber – ganz im Geiste ihrer Mutter X, einer der einflussreichsten Frauen in der NPD“. Stolz berichte die Dirndl-Liebhaberin (gemeint ist die Mutter der Klagenden), „ihre politische Weltsicht an ihre inzwischen erwachsenen Kinder weitergegeben zu haben. Alle vier seien mit ihren Familien im ,nationalen Lager'“. Ihre Tochter aus dem Uelzener Kreisgebiet gelte „intern als ,Dreihundertprozentige‘, die auch ihre Kinder im elitär rechten Geiste erziehen soll“. Der Absatz schließt mit dem Satz: „Bei X in X soll es ein Herrenzimmer geben, das Frauen nicht betreten dürfen.“
Gegen die Berichterstattung reichte das Ehepaar einen Verbotsantrag beim Landgericht Berlin ein. Ziel war es, der Zeitung die Nennung des Namens der Familie, des Wohnortes, des Berufs des Ehemannes und die Nennung der Tatsache, dass die NPD-Funktionärin die Mutter der Ehefrau ist, zu untersagen. Die taz-Anwälte argumentierten, es bestehe „ein überragendes öffentliches Interesse daran (…), über die Machenschaften der völkischen Siedler“ zu berichten.
Dem folgte das Gericht und wies den Antrag zurück (Aktenzeichen: LG Berlin 27 O 642/16). Im Urteil heißt es, das allgemeine Persönlichkeitsrecht werde durch die identifizierende Berichterstattung nicht verletzt. „Im Einzelfall“ können „das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die Pressefreiheit Vorrang haben“. Die Berichterstattung betreffe „eine Angelegenheit von erheblichem öffentlichen Interesse“. Denn: „Ob sich (…) rechtsradikale Siedlerstrukturen in bestimmten Gegenden etablieren und Kinder- und Jugendlager organisieren, stößt nicht nur in den betroffenen Gemeinden auf erhebliches Interesse.“
Dass die Antragsteller nicht Mitglieder einer politischen Partei seien und sich nicht öffentlich äußern würden, „spielt demgegenüber keine wesentliche Rolle“. Nach eigener Darstellung ist das Ehepaar laut dem Urteil „in die Organisation von Lagern des ,Sturmvogel‘ eingebunden“. Dabei handelt es sich um einen Jugendverband, der im Verdacht steht, rechtsradikale Positionen zu vertreten. Der Verband ist derzeit allerdings kein Beobachtungsobjekt von Verfassungsschutzbehörden. Das Ehepaar hat laut dem Urteil „für ein solches Lager das Grundstück ganz in der Nähe ihres eigenen Hofes vermittelt“. Der „Sturmvogel“ stoße „auf erhebliches öffentliches Interesse“. Kritik an ihrer Mitwirkung an solchen Lagern müssen die Antragsteller laut Gericht hinnehmen. Die Nennung des Stammbaums und des Herrenzimmers wertete das Gericht nur als einen geringen Eingriff in die Privatsphäre.
Die betreffende Schulleitung nimmt die Sache „sehr ernst“, lautete die Antwort, als die EJZ nach den Vorwürfen gegen den Lehrer gefragt hatte. Aus dem „schulischen beziehungsweise dienstlichen Zusammenhang“ lägen „keine Informationen darüber vor, dass sich eine Lehrkraft unserer Schule in unzulässiger Weise politisch agitierend beziehungsweise verfassungsfeindlich“ verhalte. Diesbezügliche Beschwerden von Schülern oder Eltern seien an die Schulleitung nicht herangetragen worden. Der Landesschulbehörde ist der Fall zwar bekannt, ob es allerdings ein Disziplinarverfahren gab oder gibt, durfte Sprecherin Bianca Schöneich nicht sagen.
Aus dem Umfeld der Schule war zu erfahren, dass interne Gespräche zwischen Schulleitung und Lehrer stattgefunden hätten, dass Klassenarbeiten überprüft wurden, die der Lehrer hatte schreiben lassen, und dass er vermehrt Unterrichtsbesuche bekommen hat. Die Beobachtung hat dem Vernehmen nach bisher kein Ergebnis geliefert, das auf eine verfassungsfeindliche Haltung schließen lässt.
ejz vom 28.7.
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