Gorleben. Wenn Marianne Fritzen einst als das Gesicht des Gorleben-Widerstandes galt, dann gab es ein entsprechendes Pendant auf Seiten der Atomanlagen: Jürgen Auer. Immer wenn der Castor ins Zwischenlager rollte, war sein Gesicht in den Übertragungen der Fernsehstationen zu sehen. „Fast alle Sender waren in Gorleben und haben ihre Interviews geführt“, erzählt Auer. Sogar der Saarländische Rundfunk. Mit diesen Interviews ist jetzt Schluss. Und das hat nicht nur damit zu tun, dass seit 2011 keine Castoren mehr nach Gorleben kommen. Vielmehr geht Jürgen Auer dieser Tage mit 64 Jahren in den Ruhestand. Er war seit 1991 für die Zwischenlager-Betreiberinnen BLG (Brennelementlagergersellschaft) beziehungsweise GNS (Gesellschaft für Nuklearservice) in Gorleben für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
Der eine Teil seiner Arbeit richtete sich auf Besuchergruppen aus. Jährlich etwa 2500 Menschen hätten Interesse gezeigt an dem, was die GNS im Zwischenlager Gorleben macht. Der andere Teil seiner Arbeit galt den Journalisten. Die lernten den Pressesprecher als einen typischen Vertreter seines Genres kennen: Nur immer auf das mehr oder weniger antworten, was gefragt wird. Aber gelegentlich machte er auch den Steigbügelhalter und half den Journalisten auf die Sprünge. So nach dem Motto: Sie könnten mich ja mal fragen…
Besonders begehrt waren seine Statements naturgemäß während der Castor-Transporte nach Gorleben zwischen 1995 und 2011. „Es gab Tage, da ging ich mit glühenden Ohren nach Hause“, sagt Auer. Dabei habe er zum eigentlichen Transportgeschehen nie etwas sagen können. Denn die Zuständigkeit der GNS habe immer erst dann begonnen, wenn die Castoren das Einfahrtstor in Gorleben passiert hätten, unterstreicht Jürgen Auer.
Seine Sicht auf die Journalisten? „Die meisten haben seriös gearbeitet und wollten das Thema in ganzer Breite darstellen“, erzählt Auer. Manche näherten sich dem Ganzen aber offenbar auch mit bloß fragmentarischer Kenntnis: Was, so wollte einst jemand von Antenne Bayern wissen, passiere eigentlich mit den Castoren, wenn sie in Gorleben ankämen und dann dort unterirdisch im Salz stünden? Jürgen Auer sorgte dann dafür, dass dieser Journalist zumindest nicht im Regen stehen musste.
Natürlich züngelte der Job, den Jürgen Auer 26 Jahre machte, bei einem so polarisierenden Thema auch ins Private hinein. Seine Erfahrungen damit in Lüchow-Dannenberg: Bei Partys oder Familienfesten sollte man das Thema Gorleben besser nicht anfassen – „es sei denn, man will die Veranstaltung sprengen.“
Gesprengt ist zukünftig jedenfalls der bisherige Job von Jürgen Auer. Denn die Pressearbeit wird zukünftig der Pressesprecher des Zwischenlagers in Ahaus übernehmen: Burghard Rosen. Um die Öffentlichkeitsarbeit vor Ort kümmert sich fortan Charl Liebich aus Gorleben. Rosen gab der EJZ dann auch gleich das jüngste Update zur Auslagerungsaktion von schwach- und mittelradioaktiven Atommüllfässern. 1309 dieser Fässer werden bekanntlich nach Duisburg und Jülich gebracht, wo sie saniert und endlagerfähig verpackt werden. Ende Januar seien 1007 dieser Fässer inspiziert und über 600 abtransportiert gewesen. 24 Fässer hätten Befunde aufgewiesen, sprich: Rost. Laut TÜV jedoch ohne sicherheitstechnische Relevanz, betont Rosen. Der unterstreicht zudem noch einmal einen Grund, warum die GNS vor dem Verwaltungsgericht gegen ein verbessertes Lagerungssystem im Abfalllager klagt: Bis Ende des Jahres seien alle Fässer abtransportiert und kämen auch nicht wieder zurück. „Da brauchen wir doch kein langfristiges Lagerkonzept“, meint Rosen.
gefunden ejz vom 9.2.2017