Konflikt um rechtsextreme Nachbarn in einem Lüchow-Dannenberger Dorf erstmals vor Gericht

fk Dannenberg. Es mag nicht angenehm sein, sogar bedrohlich wirken, Nachbarn zu haben, die sich in öffentlich wieder gegebenen Selbstzeugnissen als „völkisch“ und „sozialistisch“ beschreiben, die als aktive Neonazis bezeichnet werden, deren Freundeskreis bei der NPD verortet wird. So jedenfalls zitierte der Richter in Dannenberg am Donnerstag Zeitungsberichte über einen jahrelangen Konflikt in der Gemeinde Jameln.

Verständlich vielleicht das Bedrohungsgefühl angesichts der Beschreibungen von Wirkungen rechtsextremer Gruppen in anderen Bundesländern. Sich öffentlich mit dieser Ideologie auseinander zu setzen, ist niemand gehindert, im Gegenteil. Aber ist es auch gerechtfertigt, unwahre Behauptungen in Umlauf zu setzen, sich wechselseitig falsche Äußerungen nachzusagen, wie dies in dem Jamelner Dorf seit Jahren hin und her über den Grundstückszaun geschieht?

Bisher endete die juristische Bearbeitung dieses Konflikts mit Einstellungen der Ermittlungen. Was Beteiligte als höchst politische Angelegenheit betrachten, haben die Ermittlungsbehörden als Nachbarschaftsstreit behandelt. Jetzt beschäftigt der Konflikt zum ersten Mal ein Gericht. Die Auseinandersetzung geht vor dem Dannenberger Amtsgericht eine Runde weiter. Dort versuchte der Richter am Donnerstag ein letztes Mal, ohne ein Urteil auszukommen und schlug die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage für die Angeklagte vor. Die Staatsanwaltschaft hätte zugestimmt. Aber der Verteidiger machte klar, dass er seiner Mandantin abraten würde. Er halte den Straftatbestand der üblen Nachrede und Verleumdung für nicht erfüllt an. Also musste verhandelt werden.

Es geht um eine Veröffentlichung aus der Hamburger Morgenpost. Darin wird die Angeklagte mit der Aussage zitiert, ihr Nachbar habe ihr mit der Äußerung gedroht: „Hau ab, du Untermensch, du hast hier nichts zu suchen. Es kommen dunkle Zeiten auf dich zu.“ Der so zitierte rechtsextreme Nachbar bestritt am Donnerstag als Zeuge, diese Äußerungen gemacht zu haben. Den Begriff Untermensch würde er nicht verwenden. Besonders empört ist er über die Behauptung, er würde seiner Nachbarin „auflauern“. „Ich bin kein heimtückischer Mensch,“ erklärt er.

Das Anliegen der Verteidigung ist es in diesem Prozess, die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Frage zu stellen. Dafür könnte schon dessen öffentliche Überzeugung ein Hinweis sein, völkisch und sozialistisch zu sein. Denn eines von beiden geht nur. Beides zusammen ergäbe eine Unwahrheit. Aber so wird vor Gericht nicht vorgegangen. Stattdessen soll ein lange zurückliegender Streit am Grundstückszaun die Anhaltspunkte für die Glaubwürdigkeit liefern. Wenn der Streit damals anders abgelaufen wäre, als es der Zeuge vorGericht schilderte, könnte dies ein Hinweis auf die Glaubwürdigkeit sein.

Zur Überraschung aller erklärte der Zeuge, dieses Gespräch sei aufgezeichnet worden, liege bei ihm als Datei auf dem Rechner. Wer die Aufnahme gemacht hat, wollte er nach einem Hinweis des Richters nicht sagen. Er brauche nicht zu antworten, wenn er sich selbst belasten könnte, erklärte ihm der Richter. Woraufhin der Zeuge angab, nicht er, sondern jemand anderes habe das Gespräch aufgenommen.

Aber ob es bei dem Prozess um die Veröffentlichung in der Morgenpost überhaupt um die Glaubwürdigkeit des Zeugen geht, darüber will das Gericht erst noch entscheiden. Es gehe nicht darum, den jahrelangen Streit zu verhandeln, erklärte der Richter. Ob die Angeklagten die zitierten Äußerungen so gemacht hat, dazu soll auf Antrag der Verteidigung bei einem nächsten Termin der Journalist befragt werden, der den Bericht damals verfasste. Denn das war die nächste Wendung in diesem Prozess:Ganz am Ende des ersten Verhandlungstages erklärte der Verteidiger, die zitierten Äußerungen seien von seiner Mandantin „nicht in dieser Form“ gemacht worden. Am Anfang des Prozesstages hätte diese Erklärung viele andere Diskussionen überflüssig gemacht. Fortsetzung folgt am 23. Januar.

gefunden ejz vom 7.1.2017