“Alles muss man selber machen”

Redebeitrag der AAS Gruppe vom Straßenfest (24.09)

Antifaschistische Arbeit in der Provinz bedeutet nicht nur den ortsansässigen Nazis die Stirn zu bieten, sondern auch den vermeintlichen Dorffrieden zu stören, weil deine NachbarIn, MitschülerIn, Feuerwehr- oder Fußballmitmensch unter Umständen rassistisch oder Rechte sein könnten und, wie in unserem Fall, gegen Stadt und Polizei zu arbeiten. Andere damit zu konfrontieren und darauf aufmerksam zu machen, wird als störend empfunden. Doch dieser falsche Friede führt dazu, dass alle Leute, die anders denken, abwandern und in andere Städte ziehen. Die Provinz bleibt weiterhin perspektivlos. Was für anders denkende Menschen bleibt, ist die Angst vor neonazistischer Gewalt und Repression.

Für Polizei und Bürokratie sind wir die Störenfriede, da wir uns dieser Entwicklung und den Werten von Ruhe, Ordnung und Sauberkeit entgegenstellen und nach Lösungen suchen, wie ein anderes und besseres Leben möglich wäre. Aufgrund dessen ist die Polizei der Ansicht, dass es ohne unsere Intervention gar kein Naziproblem geben würde. So stufen Polizei und Stadt teilweise politisch motivierte Straftaten immer noch als unpolitisch ab. Salzwedel ist ein Sonderfall, da sich die Stadt aus dem politischen Geschehen völlig zurückgezogen hat und nicht mehr existent ist, was z.B. hier und heute die Abwesenheit der Bürgermeisterin aufzeigt.

Dieses Desinteresse der Polizei, Stadt und BürgerInnen bietet Nährboden für Neonazis und rechte Ideologien. So haben sich um Laufe der letzten Jahre Neonazis aus den alten Kameradschaften angesiedelt, Familien gegründet, Firmen und Geschäfte aufgebaut, sind damit fester Bestandteil des alltäglichen Lebens und somit für die Öffentlichkeit nicht mehr erkennbar. Einer dieser Geschäfte ist die Body Factory in der Alten Jeetze, mit Inhaber Toni Bliesener, die unter anderem Trainings- und Treffmöglichkeiten für lokale Neonazis und die, die es mal werden wollen, bietet.

Toni Bliesener führte zusammen mit Kai Schweigel die „Freien Nationalisten Altmark West“ (FNAW) an und war zudem Anmelder der Nazidemos 2006 und 2011, sowie des Schottenfestes 2010, eines überregionalen Nazitreffens der FNAW, deren Verbindungen bundesweit waren. Bliesener, der ca. 2011 Inhaber des Neonazi-Versands „Explosiv Salzwedel“ war, bot dort für den „Schwarzen Block“ der Neonaziszene Schutz- und Kampfkleidung, aber auch CD’s von Gruppen wie „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“ mit dem Albumtitel „Adolf Hitler lebt“ an. Aktuell versucht er es erneut und betreibt die Sportmarke „Northman Athletic“, deren Logo eine Runenkombination darstellt.

Die alten Naziaktivitäten trugen Früchte und es formierte sich vor 2 Jahren eine neue Gruppe von Neonazis, die jünger, aktiver und nach kurzer Zeit auch aggressiver auftraten. Nachdem sie die anfänglichen Kontrollfahrten noch mit Mopeds absolvierten, haben sie diese nun gegen Autos getauscht. Das bietet ihnen die volle Mobilität, um dich mit Autos zu verfolgen, zuzuparken, aus dem Auto herauszuziehen, wie vorgestern durch die Altmark zu fahren und Plakate zu kleben, oder dich allgemein auf Schritt und Tritt zu verfolgen.

Sie tauchen bei dir auf Arbeit auf, bedrohen dich. Sie tauchen auf der Arbeit deiner Eltern auf, sagen ihnen, sie tuen dir und deiner Familie etwas an. Das bedeutet, dass nicht nur das kontinuierliche Bewusstsein der möglichen Gewaltauswirkungen auf dich, sondern auch die Bedrohungen drum herum, das Involvieren der Familie, ein großer Bestandteil ihres Aktionismus ist. So ist die Selbstdarstellung der Gruppe durch Aufkleber, Plakate, Transparente und allgemeine Aktionsformen zweitrangig, denn im Vordergrund steht die Aufrechterhaltung der Angsträume. So gelingt es ihnen ungestört von Polizei auf Patrouillenfahrt mit mehreren Autos, vermummt, mit griffbereiten Baseballschlägern, Äxten, Tasern und CS-Gas herumzufahren. Bei solch einer Begegnung mit ihnen, bekommst du ein Gefühl der Aussichtslosigkeit.

Das Erreichen dessen ist ihr Ziel. Dass wir dieses Gefühl haben, treibt sie an und bestärkt sie und bestärkt sie in ihren Taten. Deshalb bleibt antifaschistisches Handeln nach wie vor notwendig.

Kein Fußbreit den Faschisten!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit – AAS

gefunden: http://antifasalzwedel.tumblr.com/ 25.09.2016