ahe Lüneburg. Die Polizei ist auf der Seite des Gesetzes. Sie soll für Recht und Ordnung sorgen. Doch es gibt immer wieder mal auch Kritik am Vorgehen einzelner Beamter. Die Nachwuchsorganisationen von SPD und Grünen im Land, die Jusos Niedersachsen und die Grüne Jugend Niedersachsen, fordern deshalb eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten in geschlossenen Einheiten. Damit solle sichergestellt werden, dass Fehlverhalten im Amt besser strafrechtlich verfolgt werden kann. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt das ab.
„Polizeiliches Fehlverhalten tritt insbesondere bei Einsätzen von geschlossenen Einheiten auf.“ Gemeint sind also etwa Einsätze bei Demonstrationen, wie sie in Lüneburg immer wieder auch bei Castor-Transporten stattgefunden haben. „Das Verhalten führt dabei zu konfrontativen Situationen, in denen ungerechtfertigte Gewaltanwendungen durch Polizisten leider keine Seltenheit sind“, nennt Adrian Schiebe, stellvertretender Juso-Landesvorsitzender, die Gründe für das Vorpreschen: „Da bei Gewalt durch Polizisten eine Aufklärung von Vorfällen nur sehr mangelhaft stattfindet, entsteht ein nicht hinnehmbares Demokratiedefizit. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, die sowohl jene Übergriffe verhindern als auch Täter innerhalb der Polizei zur Rechenschaft ziehen. Eine einseitige Strafverfolgung gegenüber Demonstranten, wie sie derzeit praktiziert wird, muss beendet werden.“
Die Lüneburgerin Imke Byl, Sprecherin der Grünen Jugend, ergänzt: „Eine individualisierte Kennzeichnungspflicht macht Polizisten im Nachgang einer Demonstration identifizierbar. Sie wäre ein wichtiger Schritt in Richtung einer transparenteren Polizei.“ Eine Kennzeichnungspflicht würde aus ihrer Sicht auch für mehr Vertrauen seitens der Bürger sorgen und Straftäter in den eigenen Reihen wirksam vom Polizeidienst ausschließen. „Wir können vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehen, wieso die Forderung danach immer wieder als polizeifeindlich verschmäht wird. Auch Sicherheitsbedenken wegen einer möglichen Identifizierbarkeit von Beamten durch kriminelle Demonstranten können durch wechselnde Identifikationsnummern schnell aus der Welt geräumt werden.“
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt die Forderung seit Jahren entschieden ab. Jeder Beamte habe ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Forderung blende aus, dass „Polizisten während ihrer Einsätze aus vielerlei Blickwinkeln gefilmt oder fotografiert werden, diese Videos und Fotos nahezu unendlich lange im Internet abrufbar bleiben und so eine Verfolgbarkeit bis ins Private hinein sehr leicht möglich ist“, zitiert Hauke Papenberg, Vorsitzender der GdP-Kreisgruppe Lüneburg, aus einem Positionspapier der Gewerkschaft. Seine Kollegen müssten also eh schon ertragen, dass ihr Recht am eigenen Bild „in mannigfaltiger Weise und teilweise äußerst lange verletzt wird“. Der Landesvorsitzende Dietmar Schilff sieht durch die Kennzeichnungspflicht eine „nicht akzeptable Zumutung für die Einsatzkräfte, die schon jetzt einer Vielzahl von unberechtigten Vorwürfen und Gewaltexzessen ausgesetzt sind“. Eine Kennzeichnung sei überflüssig. Er verweist auch auf Statistiken der Staatsanwaltschaften, denen zufolge eine steigende Zahl von Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeschäftigte wegen nicht hinreichenden Tatverdachtes eingestellt worden seien. „Waren dies 2010 und 2011 schon jeweils mehr als 74 Prozent, lagen die Werte für 2012 und 2013 sogar bei rund 87 Prozent.“ Polizeiliches Handeln könne jederzeit überprüft werden: „Die Zahlen zeigen aber eindeutig, dass es keinen Anlass für Misstrauen gibt. Stattdessen sollte sich die Politik für den stärkeren Schutz von Polizeibeamten einsetzen.“
In einer GdP-Umfrage in Niedersachsen von 2012 haben sich laut Papenberg nahezu 100 Prozent der befragten Mitglieder gegen eine Kennzeichnungspflicht ausgesprochen. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei sei auch so enorm hoch.
gefunden: http://www.landeszeitung.de/blog/lokales/347944-kommt-die-kennzeichnungspflicht-fuer-polizisten 26.07.2016