Ein Bergwerk auf Sparflamme

Wie es mit Gorleben weitergeht und warum Gegner wie Befürworter damit unzufrieden sind

bp Gartow. Mit dem, was gerade im Gorlebener Bergwerk passiert und noch passieren soll, sind Gorleben-Gegner und Endlager-Befürworter gleichermaßen unzufrieden. Das zeigte sich am Dienstagnachmittag während einer Sitzung des Gartower Samtgemeinderates im Haus des Gastes. Dort erläuterte Dr. Wilhelm Hund, beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Leiter der Fahrabteilung Endlagerplanung, die aktuellen Planungen.

Anschließend kam der Ratsvorsitzende Ulrich Flöter (CDU) zu dem Urteil, es sei „traurig, dass Arbeitsplätze in der Region sang- und klanglos untergehen“. Theda Kruse (UWG) dagegen gehen die Planungen nicht weit genug. Ihrer Ansicht nach müssten die Gruben nicht nur abgesperrt, sondern verfüllt werden. Es ist ein zentraler Kritikpunkt der Gorleben-Gegner. Sie meinen: Am Standort Gorleben sind die Gegebenheiten wegen der jahrelangen Arbeiten viel weiter als anderswo, weshalb am Ende doch wieder alles auf Gorleben hinauslaufen werde. Von einer ergebnisoffenen Suche könne keine Rede sein.

Bekanntermaßen hat das Standortauswahlgesetz 2013 die bergmännischen Arbeiten in Gorleben beendet. Bereits seit Längerem wird der Status der Offenhaltung hergestellt (EJZ berichtete). Die Offenhaltung soll mindestens bis 2023 andauern, wenn die Entscheidung über die untertägig zu erkundenden Standorte fallen soll. Doch selbst der Beamte Hund, der sich mit seiner persönlichen Meinung betont zurückhält, ließ durchblicken, dass dieser Zeitplan sehr ambitioniert ist. Je nachdem, wie die Entscheidung im Bezug auf Gorleben ausfällt, wird dieser Standort anschließend entweder parallel zu anderen Standorten weitererkundet oder andernfalls verfüllt und abgewickelt.

Aktuell werde das Bergwerk „bis an die Schmerzgrenze abgespeckt“, formulierte Hund. Der Betrieb wird also so weit wie möglich reduziert, technische Anlagen werden entfernt. Ziel ist es, so weit wie möglich den Anschein zu erwecken, die Landkarte sei weiß und Gorleben nur irgendeine unter vielen Möglichkeiten. Auch das heutige Sicherheitsniveau sei nicht zu halten.

Fahrzeuge unter Tage und die Schachtanlagen sollen bleiben. Einmal in der Woche sollen die Förderkörbe in Bewegung gesetzt werden, um das Material zu erhalten. Etwa alle zwei Monate soll ein kleines Team hinabfahren. Die Mitarbeiter sollen vermutlich von anderen Standorten anrücken. Ein- bis zweimal im Jahr soll eine sogenannte Beraubungskampagne stattfinden, also loses Gestein entfernt werden. Auch das soll wohl ein externes Team erledigen. Eine Belegschaft vor Ort wird es tendenziell eher nicht mehr geben.

Ganz ohne Personal gehe es aber nicht, erläuterte Hund. Eine fünf bis 15 Personen starke Wachmannschaft soll bleiben. Schließlich müssen die Schachtanlagen geschützt werden. Die heutige große Schutzmauer soll weg, um die Schächte herum sollen Stahlgitterzäune aufgestellt werden, die ein Hindurchschauen erlauben. Die übrigen Gebäude will das BfS möglichst vermieten. Aus dem Rat stellte jemand die rhetorische Frage, wer das denn sein solle, der ein Gebäude eventuell nur für zehn Jahre mieten solle. Selbst Hund zeigte sich „skeptisch, dass es gelingt, attraktive Mieter zu finden“. Konkrete Vorschläge gebe es bisher jedenfalls nicht.

Das nun laufende Verfahren sei „sehr komplex“, zeitaufwändig und voller Prüfschritte, schilderte der BfS-Mann. 150 Sonderbetriebspläne seien zu berücksichtigen. Und das Verfahren ist teuer: Allein der jetzt laufende Prozess kostet zwischen zehn und zwölf Millionen Euro. Der untertägige Umbau der Werkstätten schlägt beispielsweise mit rund zwei Millionen Euro zu Buche, der Umbau des obertägigen Geländes sogar mit zwei bis drei Millionen Euro. Die Herstellung des Offenhaltungsbetriebs kostet alles in allem zehn bis zwölf Millionen Euro, der Offenhaltungsbetrieb selbst rund zehn Millionen Euro im Jahr. Allerdings: Der Offenhaltungsbetrieb während des Moratoriums zwischen 2000 und 2010 hatte jährlich rund 20 Millionen Euro gekostet.

 

gefunden: ejz (24.06.2016)