Kreistag: Endlager-Kommission von den „Schatten der Vergangenheit“ eingeholt
gel Lüchow. Die „Schatten der Vergangenheit“ holen die Endlager-Kommission bei ihrer Suche nach einem atomaren Endlager für hochradioaktiven Müll ein. So sieht es jedenfalls die Mehrheit des Kreistages mit der Gruppe X (SPD, FDP, UWG, Grüne und SOLI). Den demnächst zu erwartenden Abschlussbericht der Kommission lehnt der Kreistag ab, auch wenn er noch gar nicht fertig ist. Gegen die Stimmen der CDU hat das Kreisparlament am Montag in Lüchow eine Resolution verabschiedet, die einen „Stillstand statt Neuanfang“ in den bisher erarbeiteten Punkten kritisiert.
Die Resolution fordert Kommissionsmitglieder dazu auf, dem Abschlussbericht nicht zuzustimmen. Die Politik soll den Standort Gorleben endgültig aufgeben und eine „breite gesellschaftliche Debatte über den Atomausstieg und eine demokratische Atommüllpolitik“ organisieren. Mit ihrem Antrag, das Thema in den Fachausschuss zu schieben, weil der Bericht der Kommission womöglich erst nach der Sommerpause fertig sei, konnte sich die CDU nicht durchsetzen.
Bekanntlich sollte die Endlager- Kommission Kriterien für eine neue Suche nach einem Endlager erarbeiten. Dabei wollte man von einer vielzitierten „weißen Landkarte“ ausgehen. Allerdings sollte der bisherige Standort Gorleben, den man seit 1977 erforscht hat, nicht von Beginn an ausscheiden. Ein Grundfehler, wie Martin Donat (SOLI) unterstrich. Denn das Thema Gorleben habe man nicht streitfrei gestellt und somit den „Dissens durch die gesamte Debatte“ gezogen, wie es in der Resolution heißt. Denn „es erweist sich als Ding der Unmöglichkeit, abstrakte Kriterien mit einem konkreten Standort vor Augen aufzustellen“.
Martin Donat, der außerhalb des Kreistages auch Vorsitzender der Bürgerinitiative Umweltschutz (BI) ist, fasste die wesentlichen Bedenken der Gorleben-Gegner zusammen: In der Kommission herrsche demnach noch nicht einmal Klarheit über die Öffentlichkeitsbeteiligung, Gorleben fliege mit den sich abzeichnenden Kriterien nicht aus dem Verfahren, und es würden zur Bewertung wieder „Uralt-Gutachten“ pro Gorleben herangezogen. „Es ist kein Neustart“, meint Donat. Der Neuanfang sei misslungen. Offenbar so etwas von misslungen, dass man bereits jetzt, bevor der Abschlussbericht vorliegt, schon interveniert.
Die Resolution kritisiert vor allem, dass die Kommission „kein einziges der explizit auf Gorleben zugeschnittenen Kriterien revidiert“ habe, beispielsweise ein „sicherheitsrelevantes geologisches Mehrbarrierensystem“ über dem Salzstock. Und: „Die Kommission hat noch nicht einmal eine Mindestzahl unterirdisch mit einen Bergwerk zu erkundender Standorte pro Wirtsgestein festgelegt. Ein wissenschaftlich basierter fairer gleichwertiger Vergleich ist auf diese Weise gar nicht möglich, es steigt vielmehr die Wahrscheinlichkeit, dass der Salzstock Gorleben als am Besten erkundete Formation in Deutschland am Ende wieder aus politischen und/oder wirtschaftlichen Gründen gewählt wird.“ Weitere Kritikpunkte der Resolution: Die Kommission habe die zentrale Frage der Fehlerkorrektur und der Rückholbarkeit des Atommülls aus einem Endlager nicht angemessen und verantwortungsvoll diskutiert. Schließlich habe man die Öffentlichkeit „weder frühzeitig, noch angemessen“ beteiligt.
Und eine Beteiligung der Öffentlichkeit „von Anfang an“, wie es die Kommission für ein Standortsuchverfahren vorschlägt, „kann es in Gorleben 40 Jahre nach dem Erkundungsbeginn nicht mehr geben.“
gefunden: ejz (23.06.2016)