Platenlaase: Expertin berichtet über Frauen in der rechten Szene
Andrea Röpke ist so etwas wie die Rechtsextremismus-Expertin in Deutschland. Am Dienstag trat sie in Platenlaase auf und sprach dort über die Rolle der Frauen in den rechten Szene. Die seien „zum Äußersten bereit“, sagte Röpke.
bp Platenlaase. Andrea Röpke ist so etwas wie die Rechtsextremismus-Expertin in Deutschland. Die 51-Jährige reist seit 25 Jahren durch Deutschland, um die Spuren der braunen Szene zu verfolgen. Akribisch trägt sie Informationen zusammen, beobachtet Veranstaltungen, fotografiert rechte Zeltlager, deckt Verbindungen auf. In der rechts-extremen Szene gehört Röpke zu den verhasstesten Feindbildern. Morddrohungen sind für sie so normal wie für andere ein freundlicher Gruß am Morgen. An einiges aber will Röpke sich nicht gewöhnen: an Rechtsextreme, Hitlerverehrer, Holocaustleugner, Ausländerhasser.
Dass sie inzwischen häufig auch in und um Lüchow-Dannenberg herum unterwegs ist, dürfte die Region nicht als beruhigendes Signal werten. Auf dem Hof des Rechtsextremen Timo L. in Wibbese, den dieser „Wehrhof Löwenzahn“ getauft hat, hat Röpke kürzlich den deutschlandweit bekannten Rechtsextremen Sven Krüger aus dem berüchtigten Dorf Jamel in Mecklenburg-Vorpommern identifiziert. Das Foto zeigte Röpke am Dienstagabend im Platenlaaser Café Grenzbereiche. Besonders häufig ist Röpke im Landkreis Uelzen unterwegs, wo zahlreiche völkische Siedler leben und immer wieder Treffen stattfinden, beispielsweise zu Sonnwendfeiern und Volkstänzen. Dort tanzen dann offenbar auch ein Lehrer, der in Lüchow-Dannenberg unterrichtet (EJZ berichtete), und Eltern, die ihre Kinder auf der Freien Schule in Hitzacker angemeldet haben (EJZ berichtete).
Das Hauptthema des Abends waren allerdings Frauen in der rechtsextremen Szene. Jeder fünfte Neonazi sei weiblich, berichtete Röpke. Nicht selten seien die Frauen radikaler als die Männer. Das birgt eine Gefahr, denn Frauen würden oft als Mitläuferinnen wahrgenommen, seien in Wahrheit aber „zum Äußersten bereit“. Als Röpke 2011 ihr Buch „Mädelsache! Frauen in der Neonazi-Szene“ veröffentlichte, habe der Kommentar des Verfassungsschutzes gelautet, der Inhalt des Buches sei hysterisch, weil Frauen in der Szene keine Rolle spielen würden. Am 4. November desselben Jahres explodierte eine Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße. Beate Zschäpe hatte den Unterschlupf von Teilen des NSU-Komplexes in die Luft gejagt. Keine Rolle?
Zwar seien reine Frauenkameradschaften wie die Gemeinschaft deutscher Frauen (GDF) eher selten, doch seien Frauen Teil der übrigen Gruppen. Die meisten Frauen in der Szene erfüllen wichtige Funktionen im Hintergrund wie das Vorantreiben von Ideologie und Hetze, während die Männer öffentlicher in Erscheinung treten. Die größte Anerkennung würden die Frauen in der Szene weiterhin durch ihre Rolle als Mutter bekommen, wobei der Leitspruch gelte: „Du bist nichts, dein Volk ist alles“.
Zwar ist die rechte Szene inzwischen sehr heterogen, und von der Tätowiererin bis zur alten Frau in Tracht tummeln sich dort alle möglichen Spielarten. Eines aber ist geblieben: Die Frauen haben sich den Männern unterzuordnen. Das ist eine starre Konstante in einer schnelllebigen Szene. Dagegen gebe es kein wahrnehmbares „Aufmucken“, berichtete Röpke, schon gar keine Feminismusdebatten. Im Gegenteil: Emanzipation und Gleichberechtigung gelten als Feindbilder. Daran knüpft die Expertin eine Hoffnung: dass den Frauen die Unterordnung eines Tages reicht und sie aussteigen. Denn Frauen, die zu selbstbewusst auftreten, würden „unter die Räder kommen“. Röpke machte auf eine Entwicklung aufmerksam, die sie mit Sorge betrachtet: dass völkische Siedler vor Jahren noch kaum öffentlich aufgetreten seien, nun aber häufig im Umfeld der AfD auftauchen würden. Ihr Eindruck ist, „dass sich die Strategie ändert“, dass viele in der rechten Szene die Zeit als gekommen sehen würden, den Parlamentarismus mit Gewalt abzuschaffen. „Da kommt einiges auf uns zu“, warnte Röpke. Eine junge Zuhörerin wollte wissen, wie sie damit umgehen solle, dass sie mit der Tochter aus einer völkischen Familie zur Schule gehe. „Diese Kinder sind bestimmt wunderbare Menschen, die aber nicht die gleiche Freiheit haben wie wir“, antwortete Röpke. Sie sprach von „sektenähnlichen Strukturen“, in denen der Hitlergruß für Kinder zur Normalität gehöre. Es sei deshalb wichtig, die Kinder an der offenen Gesellschaft teilhaben zu lassen und die problematischen Themen anzusprechen. Das sei allerdings eher nicht Aufgabe der Mitschüler, sondern der Schulen. Die müssten sich vor allem mit den Eltern auseinandersetzen statt wegzuschauen und sich antirassistische Leitlinien geben. Eine Gegenveranstaltung zu einer Sonnwendfeier in Eschede findet am Sonnabend statt. Ab 11 Uhr fahren in Platenlaase Fahrgemeinschaften zu der Veranstaltung ab.
gefunden: ejz (16.06.2016)