BI-Kritik an „Gefeilsche“ um Kosten nuklearer Entsorgung – Staudte: „Keine Vorteile für den Staat“
ejz Gorleben. Die Atomkonzerne dürften nicht aus ihrer Verantwortung für die Finanzierung der Atommüllentsorgung entlassen werden: Mit dieser Forderung reagiert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) auf am Mittwoch bekannt gewordene Vorschläge der Finanzkommission von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), die vier großen Atomstrom-Erzeuger Vattenfall, EnBW, E.on und RWE lediglich für den Rückbau der Atomkraftwerke voll in die Haftung zu nehmen, bei der Atommüll-Entsorgung jedoch einen Großteil der vermuteten Kosten vom Staat schultern zu lassen. Danach würden die Atomkonzerne rund 20 Milliarden Euro in einen Fonds einzahlen, der dann später einmal dafür genutzt werden soll, eine sichere Zwischen- und Endlagerung des Atommülls zu gewährleisten. „Das heißt im Klartext, der Steuerzahler soll für das unabsehbare Kapitel der Atommülllagerung blechen”, kritisiert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Denn allein bis zum Jahr 2099 belaufen sich die Kosten für diese Lagerung nach Berechnungen des Wirtschaftsministeriums auf 182 Milliarden Euro.
Bisher haben die Atomkonzerne rund 40 Milliarden Euro zurückgestellt, in ihren Bilanzen. Wegen ihrer wirtschaftlich schlechten Lage – die Energiewende hat sie schlicht auf dem falschen Fuß erwischt – setzen sie darauf, nur einen Teil dieses Geldes tatsächlich für die nukleare Entsorgung zahlen zu müssen. Die Finanzkommission trägt dem nun offenbar Rechnung und schlägt vor, Rückstellungen von zurzeit 19,8 Milliarden Euro bei den Konzernen zu belassen, die für den Rückbau der Atomanlagen und die Konditionierung der Abfälle errechnet wurde. Die weiteren Kosten übernimmt der Staat. „Gleichzeitig drohen die Konzerne mit Klagen, sollte Gorleben als Endlagerstandort fallen gelassen werden. Die Entscheidungen, wie weit die Konzerne zur Verantwortung gezogen werden, entwickelt sich zum Stresstest für Sigmar Gabriel, der in der Vergangenheit vollmundig betont hat, dass er für RWE, EnBW, E.on und Vattenfall keine Schlupflöcher dulden will“, so Ehmke.
Kritik an dem nun vorgelegten Kompromiss-Vorschlag kommt auch von den Grünen. „Im Moment sehe ich keine Vorteile für den Staat, nur für die Energieversorger,“ betont die Grünen- Landtagsabgeordnete Miriam Staudte. Der atomrechtliche Grundsatz des Verursacherprinzips werde mit dem Vorschlag aufgeweicht. Die finanzielle Vorsorge der Konzerne sei mangelhaft: „Wir brauchen jetzt echte gesetzliche Schritte, um die Vermögenswerte der Konzerne zu sichern. Eine Lösung wäre ein öffentlich-rechtlicher Fonds, dann aber mit einer Nachschusspflicht für die Konzerne,“ fordert Staudte. Und dafür müsse man die Konzerne auch nicht um Erlaubnis bitten. Staudte vermutet, dass im Hintergrund die Hoffnung stehe, die Atomkonzerne würden bei einer Einigung ihre Klagen gegen den Atomausstieg zurückziehen. Auf solche Handschlag- Zusagen könne man sich jedoch nicht verlassen: „Selbst die Unterschriften der Atom-Manager unter dem ersten Rot-Grünen Atomausstiegsbeschluss waren das Papier nicht wert, auf dem sie standen.“
gefunden in EJZ, 29.04.2016