Die Vergangenheit bewahren, die Zukunft im Blick – unter diesem Motto arbeiten seit 15 Jahre zahlreiche Aktive daran, die Geschichte des wendländischen Widerstands für die Zukunft zu erhalten. Am Sonntag war Mitgliederversammlung.
Am Sonntag mussten die Mitglieder des Gorleben-Archivs ihre Jahresversammlung das erste Mal ohne ihre Mitgründerin und „Seele des Archivs“ Marianne Fritzen absolvieren. Die 91-jährige war vor kurzem in Bad Bevensen gestorben. „Ihr Tod reißt eine riesengroße Lücke“, sagte die Vorsitzende Gabi Haas. Unter diesen Umständen war die Mitgliederversammlung von einer nachdenklichen Stimmung geprägt.
Dabei blickt das Gorleben Archiv auf ein besonders arbeitsintensives und erfolgreiches Jahr zurück. Mehrere wichtige Projekte konnten gestartet werden, teilte eine Sprecherin des Vereins mit.
In ihrem Jahresbericht zogen die Vorstandsmitglieder und Archivleiterin Birgit Huneke eine ausgesprochen positive Bilanz: So wurden demnach 2015 gleich fünf neue Projekte mit privater oder öffentlicher Förderung auf den Weg gebracht. Dabei geht es um die Erfassung und Digitalisierung umfangreicher Plakat- und Dia-Bestände. Auch die im Archiv gesammelten Hörkassetten und Tonbandspulen – darunter wichtige bisher noch unbekannte Aufnahmen – können nun digitalisiert und gerettet werden. Finanziell unterstützt werden diese Vorhaben durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK), die Greenpeace Umweltstiftung und den Rotary Club. Bereits begonnen wurde im vergangenen Jahr mit einem weiteren vom Lüneburgischen Landschaftsverband (LLV) geförderten Projekt: die Digitalisierung und Verschlagwortung einer von Marianne Fritzen über 40 Jahre lang erstellten und praktisch lückenlosen Presse-Dokumentation.
Dass das Gorleben Archiv über einen ganz besonderen Fundus verfügt, scheint sich herumzusprechen. Rund 150 Einzelnutzer oder Besuchergruppen wurden nach Mitteilung des Vorstands im letzten Jahr betreut – Journalisten, Studenten, Politiker, ganze Schulklassen oder Lehrergruppen. Tendenz steigend. Und neben einer vielbeachteten Plakatausstellung während der Kulturellen Landpartie werden Exponate des Gorleben Archivs inzwischen auch bundesweit in mehreren Ausstellungen präsentiert – etwa im Museum Lüneburg, im Zeitgenössischen Museum Leipzig oder im Technikmuseum in Berlin.
„Sieht man von den Gewerkschaften ab, ist bundesweit wohl keine andere soziale Bewegung über einen so langen Zeitraum so umfassend dokumentiert wie hier“, betonte Gabi Haas. „Unsere Aufgabe ist es, dieses Wissen auch zukünftigen Generationen zugänglich zu machen.“ Aber was ist zu tun, um das Gorleben Archiv auch langfristig auf sichere Füße stellen, es noch bekannter zu machen, sich in der Öffentlichkeit noch anschaulicher zu präsentieren und – vor allem – noch enger mit Forschungseinrichtungen zu kooperieren? Mit Fragen wie diesen soll sich im Auftrag des Vereins demnächst eine größere Studie befassen. Sie soll die „Entwicklung eines Konzepts zur Zukunft des Gorleben Archivs als Dokumentations-, Forschungs- und Bildungsstätte“ einbringen. Der Lüneburgische Landesverband hat eine Beteiligung an den Kosten bereits zugesagt.Als Fritzens Nachfolger im Vorstand wurde Rechtsanwalt Wolf Römmig gewählt. Der Strafverteidiger gehört zu den Bürgerinitiativlern der ersten Stunde, hat viele Bauern und Antiatomaktivisten vor Gericht vertreten und ist im Wendland deshalb bestens bekannt.
Foto / Gorleben-Archiv: Wieder oder neu ins Amt gewählt – von links: Bernd Westphal (Beirat), Konni Ganßauge (Kassenwartin), Wolf Römmig (2. Vorsitzender), Birgit Huneke (Archivleiterin, mit einem Foto der verstorbenen Marianne Fritzen), Hans-Werner Zachow (Schriftführer), Gabi Haas (1. Vorsitzende), Doris Pechtl (Beirätin), Brigitte Heyde (Beirätin). Es fehlen die Beiräte Burghard Kulow und Dominique Chasseriaud.
von asb
gefunden auf: wendland-net.de 24.03.2016