Hakenkreuz auf Gedenkstein geschmiert

Ein 23-jähriger Stendaler steht vor Gericht. Er soll Hakenkreuze auf den Robert-Dittmann-Gedenkstein geschmiert haben.

Stendal l Vor der Berufungskammer des Landgerichtes geht es derzeit um das Beschmieren des Robert-Dittmann-Gedenksteines auf dem Stendaler Friedhof mit roten Hakenkreuzen und anderen NS-Symbolen am 21. August 2014. Angeklagt ist ein 23-jähriger Stendaler, der schon mehrfach mit der Justiz Bekanntschaft gemacht hat. Das Amtsgericht hatte ihn für schuldig befunden und am 4. Mai vorigen Jahres wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je elf Euro (550 Euro) verurteilt. Vorläufig eingestellt hatte das Amtsgericht ein weiteres Verfahren, wonach der Angeklagte wohl in der selben Nacht 25 Zentimeter große rote Hakenkreuze auf den Gehweg in der Hans-Schomburgk-Straße gesprüht haben soll.
18-Jähriger steht zu Aussage.
Das Urteil, das der 23-Jährige vor dem Landgericht per Berufung anficht, basiert auf den Angaben von zwei Belastungszeugen. Einer davon, ein 18-Jähriger, der zurzeit in der Jugendstrafanstalt Raßnitz in anderer Sache eine Strafe verbüßt, wiederholte als Zeuge seine Anschuldigungen gegen seinen einstigen Kumpel. Demnach seien beide eher zufällig am helllichten Tag an der damaligen Brückenbaustelle an der Osterburger Straße vorbeigekommen. Der Angeklagte hätte dort eine Spraydose mit roter Farbe mitgenommen und auf dem Friedhof nicht nur den Gedenkstein, sondern unter anderem eine Sitzbank und ein Verkehrsschild mit NS-Symbolen besprüht.
Ein Belastungszeuge machte Kehrtwende
Anders der einstige zweite Belastungszeuge. Der 17-Jährige machte quasi eine Kehrtwende und beschuldigte nunmehr den anderen Zeugen, die Schmierereien selbst begangen zu haben. Aus Angst vor diesem hätte er vor der Polizei die Unwahrheit gesagt und auch vor dem Amtsgericht. Der Staatsanwalt baute ihm goldene Brücken, seine aktuelle Aussage zu revidieren und kündigte, als dies nicht geschah, gegen den 17-Jährigen ein Verfahren wegen Falschaussage an. Der Angeklagte selbst gab an, keine Erinnerung an den Tattag zu haben. „Ich war es definitiv nicht“, sagte er. Überhaupt kenne er den 18-jährigen Zeugen kaum: „Der will mir eine reinwürgen, ich weiß nicht, warum.“

Doch, dass es keine flüchtige Bekanntschaft war, die beide verband, ergab die Aussage der Mutter des 18-Jährigen. Demnach habe der Angeklagte längere Zeit bei ihrem Sohn übernachtet, sei also keineswegs nur ein flüchtiger Bekannter. Bei der Prozessfortsetzung am 23. März soll unter anderem der Leiter des städtischen Bauhofes als Zeuge aussagen. Er hatte die Denkmalschändung angezeigt. Am 23. März wird auch das Urteil erwartet.

Robert Dittmann war ein Stendaler Kommunist. Er wurde am 2. Oktober 1908 geboren und kam am 1. Mai 1943 im Konzentrationslager Auschwitz um.

Von Wolfgang Biermann

gefunden in: Volksstimme 16.03.2016