offener Brief zum LIB

WER HAT HIER DEN LAGERKOLLER?

Das LIB Wittfeitzen als Asylbewerberwohnheim

Von vielen Seiten werde ich immer wieder angesprochen: Die Situation im LIB ist unerträglich.Von Menschen, die dort arbeiten, von Ehrenamtlichen, von Menschen, die dort leben.

Das LIB Wittfeitzen ist eine Ferienhausanlage in der Nähe von Waddeweitz. Wunderschön in welligem Waldgebiet gelegen. Wie überall hier auf dem Lande ist der öffentliche Nahverkehr eine Katastrophe und teuer dazu. Immerhin hält hier morgens der Schulbus nach Lüchow und kommt mittags zurück. Einkaufsmöglichkeiten gibt es – wie überall in den Dörfern – keine.

Seit Ende letzten Jahres sind hier etwa 80 Menschen untergebracht, die aus Syrien geflohen sind. Nach mehreren Monaten in der Polizeikaserne Lüchow wurden sie im LIB einquartiert. Sie sind registriert und ganz offizielle Asylbewerber, die jetzt im Landkreis Lüchow-Dannenberg leben.

Ihre Asylverfahren laufen – wie bei vielen – sehr schleppend. Demnächst haben sie ihre Anhörungen in Braunschweig. Danach kann es noch viele Monate dauern, bis sie die Entscheidung des BaMF erhalten. Solange müssen sie auf jeden Fall im LIB wohnen bleiben ausser den Ausnahmen, die es nicht gibt. Umzüge während des laufenden Asylverfahrens werden hier im Landkreis nicht genehmigt. Darauf hat beim letzten Runden Tisch am 10.2.16 der Erste Kreisrat noch einmal eindringlich hingewiesen. Wenn sie eine Flüchtlingsanerkennung erhalten, ist das Jobcenter für sie zuständig – auch bezüglich ihrer Umzugswünsche. Das LIB ist also für diese Menschen nicht nur eine kurzfristige Unterbringung, sondern ihr derzeitiger Lebensort – ausser sie kehren in das Kriegsgebiet Syrien zurück, wie es gerade eine Familie getan hat.

Vieles musste an dem ursprünglichen Tagungshausbetrieb geändert werden. Aus einem eher sommerlichen Urlaubsort wurde im Winter ein Wohnort für Menschen mit anderer Sprache und Kultur, die Krieg und Flucht hinter sich und eine ungewisse Zukunft vor sich haben. Die ländlich – dörfliche Lage dieses Asylbewerberwohnheims führt dazu, dass viele Angebote wie zum Beispiel Deutschunterricht innerhalb der Einrichtung stattfinden. Durch die Abgeschiedenheit sind für die Bewohner_innen die Kontakte nach Aussen sehr eingeschränkt, die Schulkinder und Schüler der Berufsbildenden Schule haben mithilfe des Schulbusses den regesten Außenkontakt.

Die zentrale Essensversorgung verstärkt den Heimcharakter des LIB und behindert ein eigenständiges Leben. Arztbesuche werden zu einer Wallfahrt: Termin machen, Krankenschein in Lüchow holen, zum Arzt gehen und wenn dann die Arztpraxis in Clenze ist – an einem Tag kaum zu schaffen. Erschwerend kommt die Jahreszeit dazu.

Um den Menschen ein aktives Leben und eine Einbeziehung hier im Wendland zu ermöglichen, sind noch viele Veränderungen notwendig. Die Leitung des LIB scheint mit ihrer Aufgabe ein ganz grundsätzliches Problem zu haben. Vom Landkreis, der mehrfach eingeschaltet wurde, kam unter anderem der Tipp, sich von dem Selbstverständnis als „Herbergseltern“ zu lösen und auf Betreiber dieser Einrichtung umzustellen.

Ein deutlich anders Bild der Problemlage im LIB vermitteln die Schilderungen von Unterrichts- und Küchenpersonal: es werden Konflikte seitens der Leitung verschärft, Verständigungs-schwierigkeiten mit restriktiven Auflagen beantwortet und die sowieso schon eingeschränkte Intimsphäre der Bewohner_innen rücksichtslos überschritten. Auf Kritik reagiere die Leitung teilweise mit üblen Beschimpfungen. Es gibt keine durchsichtige Unterstützungsstruktur. Offene Aussprachen und Versammlungen – insbesondere mit Dolmetschern – sind keine regelmäßigen Termine, in denen über Notwendigkeiten, Bedürfnisse und Veränderungen gesprochen werden kann.

Die von vielen Seiten vorgetragenen Beschreibungen machen nachdenklich. Das alles kann nicht mehr mit dem Vorwurf Verleumdung oder üble Nachrede vom Tisch gewischt werden.

Was ist dran an dieser Kritik? Warum wird diese Kritik nicht offen vorgetragen?

Sehr deutlich wird immer wieder die Angst benannt. Die Angst, den Job zu verlieren, auf eine „schwarze Liste“ zu kommen, Hausverbot zu erhalten oder den Bewohner_innen zu schaden, wenn etwas laut und deutlich ausgesprochen wird und sinnvolle Veränderungen eingefordert werden.

Hinter vorgehaltener Hand wird die Frage gestellt, wer hier den sogenannten Lagerkoller hat. „Ich will die Leute hier nicht alleine lassen in diesem Wahnsinn, deshalb bin ich immer noch da,“ beschreibt eine Mitarbeiterin ihre Situation. Trotz allem – der Koch hat seine Kündigung eingereicht.

Es ist an der Zeit, offen über die Situation im LIB Wittfeitzen zu sprechen!

von Uta Müller, Lüchow