Vor verschlossenen Türen

Im Kommunalwahlkampf findet die AfD in Lüneburg kaum Räume – Gastwirte und Hoteliers winken ab

us Lüneburg. Bei Umfragen und Wahlen mag die AfD nur eine Richtung kennen: nach oben. Doch in den Niederungen des Parteialltags trifft die Alternative auf Hürden. Zum Beispiel Veranstaltungsräume in Lüneburg zu finden. Sie kämpft bei der anstehenden Kommunalwahl mit ungeahntem Widerstand. Der AfD-Ortschef Prof. Dr. Gunter Runkel wittert dahinter systematische Einschüchterung. Wirte dagegen fürchten um ihren Ruf. Die LZ fragte bei der AfD, Kneipiers und anderen Veranstaltern nach. Und mancher, wie Museumsdirektorin Dr. Heike Düselder, redete Klartext.

„Wir haben bei verschiedenen Einrichtungen, Hotels und Gasthöfen um einen Raum für eine Veranstaltung nachgefragt, aber leider überall Absagen bekommen“, berichtet Ernst-August Röttger, Vorsitzender des AfD-Kreisverbandes. Konkret sei es um ein heute geplantes Treffen mit dem Landesvorsitzenden Armin Paul Hampel gegangen, das jetzt mangels Räumlichkeit abgesagt wurde.

Die Erklärungen, die AfD nicht bei sich haben zu wollen, seien unterschiedlich, hat Hampels Stellvertreter Stephan Bothe, zuständig für den Bereich Organisation, festgestellt. Mancher habe die Sorge um den guten Ruf seines Hauses als Grund angegeben, andere Desinteresse, selbst wenn dort zum Teil andere Parteien willkommen seien. Auch werde schon mal ein bereits vergebener Termin genannt, sobald der Name AfD fällt, obwohl zuvor noch grünes Licht gegeben wurde. „Manchmal aber wird auch offen gesagt, dass man uns dort einfach nicht haben möchte“, sagt Bothe.

Eine Einrichtung, in der man dies deutlich ausspricht, ist das Lüneburger Museum. „Wir behalten uns vor, Parteien, die nicht unserem demokratischen Grundverständnis entsprechen, hier auch keine Plattform zu bieten“, beruft sich Museumsleiterin Dr. Heike Düselder auf ihr Hausrecht. „Wir wollen hier auch nicht die Situation wie im Vorjahr in der Leuphana erleben und uns Proteste und Unruhen ins Haus holen.“ Im Dezember hatte die AfD eine Veranstaltung in der Uni nach massiven Protesten von Studenten abbrechen müssen. Wie schwer sich Gastronomen und Hoteliers mit der AfD tun, war bei einer Abfrage durch die LZ zu spüren. Nicht jeder wollte sich dazu öffentlich äußern, andere verweigerten sich ganz oder wollten ihren Namen nicht genannt wissen. Sebastian Behr, Geschäftsführer des Alten Porthhofs in Reppenstedt, sorgt sich um das Image seines Lokals: „Wir wollen Flüchtlinge unterstützen und hier demnächst auch einstellen, da passt das nicht.“ Sorge bereiteten ihm zudem die Reaktionen auf solche Veranstaltungen: „Es ist eher das Drumherum, das für Unbehagen sorgt“, sagt der Gastwirt mit Blick auf störende Gegendemonstrationen.

Runkel sieht daher auch weniger die Gastwirte als vielmehr lokale Antifa-Gruppierungen als Problem. „Sie setzen die Wirte unter Druck, indem sie bei unseren Veranstaltungen dort sehr massiv auftreten. So haben wir es ungleich schwerer als andere Parteien.“

Antifa-Chef Olaf Meyer sagt dazu: „Wenn die AfD zu Veranstaltungen einlädt, dann sind wir da.“ Das Ziel sei es, der Partei Räume zu nehmen, egal wo. Runkel ist sich sicher: Das werde sich nach den Wahlen ändern: „Dann wird es vielen schwerer fallen, uns in die rechte Ecke zu stellen.“ So lange aber will die AfD nicht warten. Sie hat deshalb die Stadt gebeten, der Partei „ausnahmsweise“ schon jetzt einen Raum zur Verfügung zu stellen. Die Stadt ist bei der Vergabe von Räumen dem Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet, wie Pressesprecherin Suzanne Moenck erläutert: „Allen im Rat der Stadt vertretenen Fraktionen stehen städtische Räume zum Beispiel für nicht-öffentliche Fraktionssitzungen zur Verfügung. Wenn es um reine Parteiveranstaltungen geht, müssen wir natürlich alle zugelassenen Parteien gleich behandeln.“ Wird also seitens der Stadt Platz angeboten, dann könne der von zugelassenen Parteien genutzt werden. Doch den bislang angebotenen Raum in der Musikschule gebe es nicht mehr. Suzanne Moenck: „Da es inzwischen aber eine Vielzahl von Veranstaltungsräumen Dritter gibt wie die Uni, die Ritterakademie oder den Wasserturm, sehen wir es auch nicht als erforderlich an, einen Raum anzubieten.“

Die mögliche neue Situation nach den Wahlen im Blick, kündigte Museumsleiterin Düselder an, über eine Satzungsänderung für ihr Haus nachzudenken. „Dann werden wir wohl überhaupt keine Parteien mehr zulassen.“ Moderater klingt da Sebastian Behr vom Alten Porthhof: „Wir entscheiden zu gegebener Zeit.“

gefunden in EJZ, 09.04.2016