Krieg. Macht. Flucht.

antimilitaristisch campen und handeln am GÜZ

Hunderttausende Menschen suchen Zuflucht in Europa vor Armut und Elend, vor Krieg und Folter. Niemand mehr kann hier die Augen verschließen vor den katastrophalen Folgen einer kapitalistischen Weltwirtschaft. Wir sind Teil davon. Anschläge auch in den hochentwickelten Industriestaaten machen deutlich: Die Schrecken, die der mächtige Norden in alle Welt exportiert, kehren jetzt – auch für uns spürbar – zu uns zurück. Die mühsam aufrecht erhaltene Fassade einer heilen Welt beginnt zu bröckeln.

Notwendig ist es, über die Rolle der westlichen Staaten beim Zustandekommen der Kriegshandlungen zu sprechen und Alternativen zu einer militärischen Eskalation zu entwickeln. Stattdessen werden Terroranschläge instrumentalisiert für neue Kriegstreiberei, den Abbau demokratischer Grundrechte und die Stärkung von rassistischer Politik und Abschottung.

Auch Deutschland beteiligt sich an der internationalen anti-IS-Allianz. Doch der ausgerufene „Krieg gegen den IS“ bereitet nur den Boden für noch mehr Terror, Tod und Leid. Noch mehr Menschen sind gezwungen, sich auf den mühevollen und gefährlichen Weg nach Europa machen, um zu überleben. Umso wichtiger ist es gerade jetzt, Militarisierung, Krieg, Terror und Flucht zusammenzudenken und ihre Ursachen sichtbar zu machen.

Gemeinsam mit vielen wollen wir die scheinbare Normalität der kriegerischen Verhältnisse offenlegen, stören, blockieren: Spürbare Steine im Getriebe sein!

Wir rufen dazu auf, dem staatlich organisierten Töten und Zerstören mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten. Für globale soziale Rechte und ein gutes Leben für alle!

Kriegerische Verhältnisse

Weltweit sind Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Armut und Hoffnungslosigkeit – schon seit langem. Auf ihrem Weg hierher sind Tausende im Mittelmeer ertrunken. Aber erst jetzt – mit den Bildern von Tausenden von Geflüchteten zu Fuß auf dem Weg nach Europa, von eilig hochgezogenen Stacheldrahtzäunen und überfüllten Notunterkünften – bekommen wir eine Ahnung davon, wie sehr die Welt bereits aus den Fugen geraten ist.

Anschläge wie in Paris machen die mörderische Realität auch für uns spürbar. Dabei sind sie für einen Großteil der Weltbevölkerung längst bittere Normalität, aber bisher nur eine Randnotiz wert. Auch die vielen Toten durch die zunehmenden Kriege der Industriestaaten werden – wie in Kundus – als Kollateralschaden abgetan. Jetzt aber, wo das organisierte Töten uns naherückt, beschließt die Bundesregierung, sich am „Krieg gegen den IS“ zu beteiligen.

Wir leben in kriegerischen Verhältnissen. Die globale Entfesselung des Kapitalismus hat die Welt erneut zu einem höchst unsicheren Ort gemacht. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion geht es um eine neue Aufteilung der Welt, um den Zugang und die Aneignung der letzten Rohstoffe und Energieressourcen, um die Erschliessung neuer Märkte und billiger Produktionsbedingungen weltweit.

Mit politischer und wirtschaftlicher Macht, und immer mehr auch mit militärischen Mitteln, wird die „Versorgungssicherheit“ – und das heißt im Klartext: die unendliche Ausbeutung von Mensch und Natur und der Fluss der Warenströme, nicht aber: eine gute Versorgung der Menschen – weltweit sichergestellt.Es geht in Zeiten permanenter Krisen um die Aufrechterhaltung des herrschenden Weltwirtschafts­systems im Interesse derer, die davon am meisten profitieren.

Unverrückbar ergibt sich aus der inneren Logik des Kapitalismus ein Zwang zu Wachstum und Profit. Ökonomische Belange stehen in diesem Sinn immer über den Interessen von Betroffenen. Durch diese Wirtschaftsweise werden in zunehmendem Maße und weltweit die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen zerstört. Klimawandel, Armut und Migration: sie sind aufs Engste verwoben mit dem System, das „unserem Wohlstand“ zugrundeliegt.

Krisen und Kriege sind seine unausweichlichen Folgen. Das Leben in kriegerischen Verhältnissen treibt Leute in die Flucht. Und auch in die Arme von Extremisten – ein Teufelskreis.

Die Folgen von zerstörerischer Politik mit Krieg bekämpfen?

Gruppen der Zivilgesellschaft in Syrien fordern dringend benötigte Friedensverhandlungen Ihre Botschaft ist: Bleibt uns weg mit Euren Bomben. Wir haben genug davon! Sie wollen keine kriegerische Einmischung in den Konflikt, sondern halten eine politische Lösung der jahrelang ignorierten Tragödie in ihrem Land für nötig. Stattdessen beschließt die Bundesregierung innerhalb von wenigen Tagen, sich am „Krieg gegen den IS“ zu beteiligen. Als notwendige „friedensbringende“ Intervention wird Krieg zu einem „humanitären“ Einsatz verklärt.

Die Folgen der Politik der kapitalistischen Industriestaaten werden mit militärischer Abschottung und neuen Kriegen bekämpft – obwohl die Vergangenheit gezeigt hat, dass der Kampf gegen den „Terror“ nicht mit militärischen Mitteln gewonnen werden kann. Frieden und Freiheit lassen sich nicht herbeibomben.

Deutschlands neue Großmachtambitionen im globalen Machtpoker

Deutschland hat längst die bislang propagierte Politik der Zurückhaltung aufgegeben und entwickelt seine eigene Kriegsfähigkeit. Im Bündnis mit der NATO, aber auch als mächtiger Staat innerhalb der EU, arbeitet die BRD an ihrer eigenen Gestaltungsmacht. Die Bundeswehr – längst umgebaut von einer Verteidigungs- zu einer Interventionsarmee – ist bereits an einer ganzen Reihe von Kriegseinsätzen weltweit im Einsatz. Als Teil der neu eingesetzten Nato-Speerspitze (Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) wird sie eine zentrale Rolle in Nato-Kriegen spielen. Sie übernimmt „internationale Führungsverantwortung“, wie es Kriegsministerin  von der Leyen formuliert. In der globalen Konkurrenz mit anderen Großmächten und Schwellenländern sichert die Nato unter der Führung der USA ihre wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen mit kriegerischen Mitteln ab.

Auch wenn die Bundesregierung nicht an allen Kriegen beteiligt ist oder ihre Kriege als friedensbringende Mission verklärt: Ganz praktisch verkauft Deutschland hemmungslos-aggressiv Waffen in alle Welt, auch in Spannungsgebiete. Saudi Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate gehören zu den wichtigsten Empfängern von deutschen Waffen. Deutschland ist der weltweit drittgrößte Waffenexporteur und die militärische Drehscheibe für die Aggressionskriege der NATO. Über den Militärstützpunkt Ramstein werden Transporte der US-Armee in Kriegsgebiete abgewickelt und der Einsatz von Killerdrohnen gelenkt, durch die weltweit bereits Tausende Menschen ermordet wurden. Deutschland führt und fördert Krieg.

Eine andere Welt ist möglich!

Die „Willkommenskultur“, mit der sich große Teile der Zivilbevölkerung für die Menschen auf ihrer Flucht und hier engagieren, setzt den rechten Brandstiftern ein wichtiges Signal entgegen: gegen Rassismus und Ausgrenzung! Weltweite Bewegungsfreiheit, wie wir sie für uns in Anspruch nehmen, muss auch für Menschen im globalen Süden gelten.

Die spontan entstandene Unterstützung lässt die Möglichkeit einer anderen Welt aufscheinen: einer Welt der Solidarität und des Miteinander. Wie kann es gelingen, dass daraus eine emanzipatorische Bewegung wird, die sich beharrlich einsetzt für universelle Menschenrechte und für eine soziale Infrastruktur, die allen Menschen ermöglicht, ein gutes Leben zu führen? An allen Orten der Welt!

Regierungspolitisch passiert das Gegenteil. Selbst die engagierte Öffentlichkeit hat dies nahezu nicht wahrgenommen: zeitgleich mit der breiten kollektiven Unterstützung geflohener Menschen durch die Bevölkerung hat die Politik in Windeseile eine heftige Beschneidung des Rechts auf Asyl durchgepeitscht und sogar ganz offen ausgesprochen, dass es als solche gemeint ist. Sie zeigt damit ihr wahres Gesicht hinter der von ihr so gelobten „Willkommenskultur“ und gießt damit Öl ins Feuer der Flüchtlingshetze von Pegida und anderen rassistischen Gruppierungen.

In dieser gesellschaftlichen Entwicklung finden wir es wichtig, deutliche Zeichen zu setzen gegen die kriegerischen Verhältnisse, die hinter Krieg, Terror, Flucht und Migration stehen; sie gemeinsam zu bekämpfen und uns stark zu machen für eine Welt, in der niemand mehr aufgrund von zerstörten Lebensgrundlagen und Krieg gezwungen wird, sein Zuhause zu verlassen. Für eine Welt ohne Grenzen, in der das Leben lebenswert ist – überall!

Krieg beginnt hier – unser Widerstand auch!

Wir wollen der kriegerischen Mobilmachung etwas entgegensetzen. Nicht nur in den Köpfen der Menschen, sondern auch ganz praktisch. Abrüstung ist Handarbeit. Wir können nicht auf die Politik vertrauen, sondern müssen die Dinge selbst in die Hand nehmen. Antimilitaristisches Handeln ist nötig, allüberall und zu jeder Zeit. Wir haben uns einen Punkt herausgegriffen, der bereits in den letzen Jahren ein Kristallisationspunkt für antimilitaristische Aktionen war und auch weiter sein wird – auf Grund seiner Funktion für die Vorbereitung von kriegerischen Einsätzen und Häuserkämpfen.

Das Gefechtsübungszentrum (GÜZ) in der Altmark spielt als modernster Truppenübungsplatz Europas eine entscheidende Rolle für die Kriege der Natostaaten. Auf dem 230 qkm großen Militär-Gelände wird Krieg mit hochgerüsteter Technik und lasersimulierten Waffensystemen geübt und vorbereitet. Deutschen Soldat_innen bereiten sich hier auf Auslandseinsätze in unterschiedlichen Regionen vor. Der Betreiber „Rheinmetall Dienstleistungszentrum Altmark“ vermietet das Gelände an die Bundeswehr und die Armeen anderer NATO-Mitgliedsstaaten, ist Dienstleister der gesamten Technik und Logistik und leistet die Vorarbeit für die militärischen Analysen. Hier wird Krieg geübt, ausprobiert, vorbereitet.

Auch Streitkräfte der Vereinigten Arabischen Emirate wurden im GÜZ mit der modernen Kriegsübungstechnik vertraut gemacht. Nach dem Vorbild des Truppenübungsplatzes in der Altmark bestellten die Emirate 2010 ein komplettes Gefechtsübungszentrum im Wert von 70 Millionen Euro bei Rheinmetall Defence. Eine kriegerische Logik: Destabilisierung und Kriege in Krisengebieten anheizen durch Waffenlieferungen und Ausbildung von „Kriegern“ – und dann die Folgen mit Kriegen bekämpfen!

Hier im GÜZ bündeln sich viele Facetten von Krieg und Militarisierung nach Außen und Innen. Auf der Baustelle der gigantischen Kriegsübungsstadt „Schnöggersburg“, die der Erprobung städtischer Aufstandsbekämpfung dienen soll, ist es in den letzten Jahren mächtig vorangegangen. Damit gewinnt die Einrichtung immer mehr an Bedeutung für die NATO und künftige Kriege. Mit dem Kriegs- und Abschiebe-Flughafen Leipzig schließt sich die Verbindung zu Krieg in aller Welt.

Wir wollen diesen zentralen Ort der Kriegsvorbereitung sichtbar machen und mit unseren unterschiedlichen Aktionen den „Normalbetrieb“ – die gut geschmierte Kriegsmaschinerie – stören und blockieren.

Werde Teil des Camps!

Seit mehreren Jahren hat das war-starts-here Camp-in Potzehne, in der Nähe des GÜZ, viele unterschiedliche Menschen zusammengebracht. Gemeinsam zu diskutieren und aktiv zu werden hat einiges bewirkt, sowohl bei den Teilnehmenden des Camps als auch in der Region. Und es hat Spaß gemacht.

So vielfältig die Strömungen in emanzipatorischen Bewegungen sind, so vielfältig sind auch die individuellen Sichtweisen auf Krieg und Militär. In Anbetracht dessen wollen wir die Gemeinsamkeit des Widerstands weiterentwickeln, den lange gewachsenen Widerstand vor Ort stärken und dabei unsere Unterschiede diskutieren und respektieren.

Bei diesem (inzwischen fünften!) Camp wollen wir unser Augenmerk auf die Ursachen und Folgen der kriegerischen Verhältnisse richten und ein wenig über unseren Tellerrand hinausschauen. Wir hoffen auf viele Menschen, denen das Thema Flucht und Migration ein Anliegen ist, die mit uns darüber diskutieren und auch praktisch eingreifen wollen. Das Camp wird ein Ort dafür sein. Wir wollen eine Diskussion auf Augenhöhe mit allen, die das Gleiche antreibt: die Abneigung gegen die zerstörerischen Verhältnisse weltweit.

Seit Oktober finden regelmäßig „antimilitaristische Ratschläge” statt – bundesweite öffentliche Treffen zur Vernetzung, zum Austausch und zur praktischen Vorbereitung des Camps 2016.

  • Werdet aktiv, bringt Euch ein in die Vorbereitung!
  • Wir sehen uns spätestens auf dem Camp!
  • Antimilitaristisch Campen!
  • Krieg beginnt hier – Unser Widerstand auch!

Mehr infos unter: http://war-starts-here.camp